Samstag, 24. Oktober 2009

Mehr als nur ein Sportverein: Der VBGS feiert heute sein 20-jähriges Bestehen


In der Speldorfer Geschäfts- Beratungsstelle des Vereins für Bewegungsförderung und Gesundheitssport (VBGS) bewegt man sich ebenerdig. Das Gebäude an der Frühlingstraße 37, in dem früher die Mütter- und Schwangerenberatung des Gesundheitsamtes residierte, erinnert an einen Bungalow. Fast alle Türen, ob am Eingang oder die zum stillen Örtchen lassen sich per Knopfdruck öffnen. Alle Türen sind so breit, dass man sie problemlos mit einem Rollstuhl passieren kann. Die barrierefreie Architektur, zu der auch ein Internetcafe mit Spezialtastaturen für diverse körperliche Handicaps passt, kommt nicht von ungefähr. Der Verein, der heute in der Harbecke-Halle an der Mintarder Straße seinen 20. Geburtstag feiert hat sich vor allem eines auf seine Vereinsfahnen geschrieben: Er will Barrieren abbauen, die Menschen mit Behinderung in ihrem Alltag belasten.
„Das funktioniert am besten", ist sein Mitgründer und Vorsitzender Alfred Beyer überzeugt, „wenn man die Barrieren zwischen Behinderten und Nichtbehinderten abbaut. Deshalb spricht der Verein mit seinen aktuell 150 Mitgliedern ganz bewusst Menschen mit und ohne Handicap an. Seine Angebote und Veranstaltungen stehen immer unter dem Generalthema Integration. Dabei kommen sie nicht nur sportlich, sondern auch gesellig und garantiert ohne moralinsaueren Mitleidseffekt daher. Das Spektrum reicht vom integrativen Skilehrgang im Allgäu bis zum Altstadtweinfest, vom Diabetikersport über eine integrative Disco im Ringlokschuppen bis zum Eltern-Kind-Angebot, bei dem man mit Bewegung und gesunder Ernährung daran arbeitet, dass es für den Nachwuchs am Ende nicht zu dicke kommt. „Übergewicht bei Kindern ist ein ganz wichtiges Thema. Weil immer mehr Kinder immer häufiger vor dem Computer und vor dem Fernsehen sitzen. Eine zu süße und fetthaltige Kost tut dann ihr Übriges", weiß Beyer.

Der 67-Jährige, der inzwischen selbst auch in Speldorf wohnt, ist Motor und Seele des Vereins, den die Allgemeinen Ortskrankenkassen Rheinland-Hamburg gerade erst für seine vorbildlichen Präventiven Bewegungsangebote für Kinder und Jugendliche ausgezeichnet haben. Beyer verkörpert das, wofür der Verein steht. Mit 29 verlor er ein Bein an den Knochenkrebs, musste seine berufliche Selbstständigkeit als Raumausstatter aufgeben. Nach einem tiefen Loch, fand er durch den aktiven und erfolgreichen Behindertensport zurück ins Leben. Mit nur einem Bein, aber der doppelten Kraft des zweiten Lebens war er als Ski-Ass auf der Piste erfolgreich. Dann übernahm er Leitungsfunktionen, zum Beispiel als Jugendwart der Behindertensportgemeinschaft. Doch als Beyer und 40 seiner Mitstreiter aus der Jugendabteilung das Gefühl hatten, dass die Kinder- und Jugendarbeit im Behindertensport optimaler gefördert werden könnte, als sie damals gefördert wurde, gründeten sie ihren eigenen Verein, den VBGS.

Das war am 8. November 1989, ein Tag vor dem Berliner Mauerfall. Weil der Verein von Anfang an auf Öffnung und Zusammenarbeit setzte, wurde manches möglich: Zum Beispiel der behindertengrechte Umbau der Sporthalle an der Waldorfschule, die der Verein für seine Sportstunden ebenso nutzt, wie das Schwimmbecken der Rembergschule. So konnte das Sport- und Therapiezentrum in der Waldorfschule 1993 mit finanzieller Hilfe der Stiftung Wohlfahrtspflege und der Aktion Mensch realisiert werden. Und als es 2002 an den barrierefreien Umbau der Speldorfer Geschäfts- und Beratungsstelle ging, konnte der VBGS die Sparkassen-Stiftung als Sponsor gewinnen. Dass der 2007 mit der Ehrenspange der Stadt ausgezeichnete Beyer und der Verein immer wieder über den eigenen Tellerrand hinausgeschaut haben, zeigen nicht nur das Altstadtweinfest und der Tengelmannlauf oder die Gründungsmitgliedschaft beim Centrum für bürgerschaftliches Engagement, sondern auch die Tatsache, dass der Vereinsvorsitzende heute auch Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Behindertenverbände (AGB) ist. Schon 1992, als das Wort barrierefrei noch nicht in aller Munde, geschweige denn gesetzlich verankert war, erarbeitet Beyer mit dem damaligen Behindertenkoordinator der Stadt, Hermann Hofmann, die erste Checkliste für barrierefreies Bauen.
Der VBGS war übrigens auch der erste Mülheimer Verein, der junge Menschen im Rahmen eines Freiwilligen Sozialen Jahres als Helfer in seine Kinder- und Jugendarbeit einbaute. Und last, but not least wurde der Verein, dessen Mitglieder inzwischen auch zunehmend aus Zuwandererfamilien stammen, vom Landessportbund 2008 für seine integrative Jugendarbeit ausgezeichnet.
Weitere Informationen über den VBGS finden Sie im Internet unter: http://www.vbgs-muelheim.de/

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