Montag, 31. Januar 2011

Kirche im Umbruch: Evangelische Gemeinden fusionieren: Zum Beispiel links der Ruhr

Gemeindefusionen können auch problemlos über die Bühne gehen. "Das ist so harmonisch abgelaufen, dass es schon unheimlich ist", sagt der Saarner Pfarrer David Rudat. Und sein Broicher Kollege Gerald Hillebrand bilanziert die Gemeindeversammlungen am Lindenhof und an der Wilhelminenstraße, bei denen am Sonntag die Fusionspläne diskutiert wurden, mit den Worten: "Es gab einige kritische Nachfragen, aber keinen Widerspruch."Vor diesem Hintergrund schritten die beiden Presbyterien noch am Sonntagabend zur Tat und beschlossen die Fusion. Die Gemeindefusion links der Ruhr kommt nicht von ungefähr. Die ersten Gespräche wurden vor zehn Jahren geführt. Seit dem existiert auch die gemeinsame Kirchenmusik Links der Ruhr, an der auch die Gemeinde Speldorf beteiligt ist. Intensiviert wurden diese Gespräche, als 2006 zwei Pfarrer in den Ruhestand gingen.

"Wir haben natürlich auch die Speldorfer gefragt und hätten sie gerne dabei gehabt. Doch dort sieht man zurzeit noch keinen Handlungsbedarf und hat uns gesagt: Macht ihr mal", erklärt Pfarrer Hillebrand, warum die Linksruhr-Gemeinde Speldorf vorerst nicht mit in dem Fusionsboot sitzt. Broich und Saarn sind auch deshalb zur Fusion bereit, weil beide Gemeinden jährlich 100 Gemeindeglieder verlieren, sie sterben oder treten aus der Kirche aus.Warum sich bei den Gemeindeversammlungen kein Widerstand gegen die Fusion regte, liegt auf der Hand. Im Grunde kann fast alles so weiter gehen wie bisher.

"Wir haben einen soliden Haushalt und sind keine armen Schlucker", sagt Hillebrand. Der Broicher Gemeindehaushalt hat ein Volumen von einer Million Euro und der von Saarn beläuft sich auf 1,5 Millionen Euro. Deshalb können in Broich und Saarn auch alle Kirchen, Gemeindezentren und Kindertagesstätten erhalten und alle Mitarbeiter weiter beschäftigt werden. Bei der Aufteilung der Pfarrbezirke und seelsorglichen Aufgaben können die Mitglieder des Pfarrerteams noch mehr als bisher schon Synergieeffekte nutzen. So war der Broicher Pfarrer Hillebrand bereits als Seelsorger für rund 400 Gemeindeglieder im Norddeutschen Viertel Saarns rund um die Schleswiger Straße zuständig.

Gerade er kann seine Aufgaben jetzt etwas entspannter angehen, war er doch nach dem Weggang seines Kollegen Klaus Rosorius seit November als Pfarrer in Broich Einzelkämpfer.Aus der zurzeit vakanten halben Jugendleiterstelle in Broich und der zeitlich befristeten halben Jugendleiterstelle in Saarn will die neue Gemeinde eine volle Jugendleiterstelle machen. Außerdem stehen in den Gemeindekindergärten am Lindenhof, an der Reich-, der Calvin- und an der Otto-Pankok-Straße Aus- und Umbauarbeiten für Betreuungsplätze von Unter-Dreijährigen auf der Agenda. Die erst im letzten Jahr eingebaute neue Orgel in der Saarner Dorfkirche und die vor zehn Jahren restaurierte Kirche an der Wilhelminenstraße sehen Rudat und Hillebrand als Pfunde, mit denen die Gemeinde wuchern kann, ohne dafür in den nächsten Jahren Geld in die Hand nehmen zu müssen.

Außerdem zahlt es sich jetzt angesichts des demografischen Wandels aus, dass die Gemeinde Broich bereits 2005 die 1965 erbaute Kirche an der Calvinstraße aufgegeben und abgerissen hatte. "Wir agieren auf gleicher Augenhöhe. Wir haben einen besseren Blick auf die Gesamtgemeinde und sparen uns viele Sitzungen und Satzungen", freut sich Hillebrand auf die Kooperation in der neuen Gemeinde, die von August bis zur Neuwahl des Presbyteriums im Frühjahr 2012 von einem paritätisch besetzten Bevollmächtigtenausschuss geleitet wird. Einen weiteren Vorteil der Fusion sieht Hillebrands Kollege Rudat darin, "dass wir unsere ehrenamtlichen Mitarbeiter in der neuen Gemeinde zeitlich nicht so fordern müssen, wie wir das tun würden, wenn jede Gemeinde für sich alleine weiterarbeiten würde."


Die neue Gemeinde Broich-Saarn wird zum 1. August gebildet. Sie wird 11?500 Gemeindeglieder haben, rund 4600 in Broich und rund 6900 in Saarn. Die Pfarrer Gerald Hillebrand (Broich), David Rudat, Thomas Jantzen, Verena Jantzen und Jürgen Krämer teilen sich 3,7 Pfarrstellen und entsprechen damit der landeskirchlichen Vorgabe, wonach auf 3000 Gemeindeglieder eine Pfarrstelle kommt. Die neue Gemeinde links der Ruhr wird knapp 50 Mitarbeiter beschäftigen sowie drei Kirchen, drei Gemeindezentren und vier Kindertagesstätten unterhalten. Die Kirchen und Gemeindezentren sind am Lindenhof, an der Holunderstraße und an der Wilhelminenstraße, die Kitas an der Calvin-, an der Otto-Pankok-und an der Reichstraße.


Dieser Beitrag erschien am 25. Januar 2011 in der NRZ

Sonntag, 30. Januar 2011

Kirche im Umbruch: Evangelischen Gemeinden fusionieren: Zum Beispiel im Norden


"Wir haben erkannt, dass eine Fusion die beste Möglichkeit ist, um langfristig leistungs- und funktionsfähig zu bleiben", betont die Dümptener Pfarrerin Gundula Zühlke (Foto), die den Bevollmächtigtenausschuss der neuen Gemeinde leitet. "Wir haben einen größeren Spielraum," glaubt ihr Ausschusskollege und Finanzkirchmeister Hans-Joachim Behr und verweist darauf, dass die neue Lukasgemeinde mit ihrem 2,5-Millionen-Euro-Haushalt in Person von Simon Sandmann jetzt einen neuen hauptamtlichen Jugendleiter einstellen konnte und fast 40 Mitarbeiter aus den alten in die neue Gemeinde mitgenommen wurden. Nur eine Büro- und eine Reinigungskraft sowie ein Hausmeister haben ihren Arbeitsplatz verloren.

Außerdem hat sich die neue Gemeinde im Zuge des Fusionsprozesses von den Gemeindezentren an der Neustadtstraße in Styrum, an der Helenenstraße in Dümpten und am Goetheplatz im Dichterviertel getrennt. Für 2013 ist auch die Aufgabe des Jugendhauses Oase an der Aktienstraße geplant. Erhalten bleiben die Kirchen und Gemeindehäuser an der Oberheidstraße 231, an der Kaiser-Wilhelm-Straße 21a und der Albertstraße 86 sowie an der Aktienstraße 136. Der Verkauf der aufgegebenen Immobilien sowie eines ehemaligen Gemeindehausgrundstücks an der Mellinghofer Straße sollen neues Geld in die klammen Kirchenkassen bringen. Angesichts sinkender Kirchensteuereinnahmen und Gemeindegliederzahlen geht Finanzkirchmeister Behr davon aus, dass die Lukasgemeinde in den nächsten fünf Jahren rund 450.000 Euro einsparen muss. Rechnet er den Haushalt der Markuskirchengemeinde dazu, deren Beitritt noch in diesem Jahr als wahrscheinlich gelten darf, kommt er auf eine Einsparungssumme von etwa 700.000 Euro für die nächsten fünf Jahre.

Doch die neue Lukasgemeinde will nicht nur sparen, sondern auch investieren. So soll der Styrumer Immanuelkirchturm weiter restauriert und die Kindertagesstätte Kunterbunt am Schildberg für die Betreuung von Unter-Dreijährigen um- und ausgebaut werden. Das Nachbargebäude, das früher von der evangelischen Familienbildungsstätte genutzt wurde, soll für die bisher an der Helenenstraße beheimatete Jugendetage hergerichtet werden. Der Um- und Ausbau der Kita Kunterbunt schlägt mit 620.000 Euro zu Buche, von denen die Gemeinde 225.000 Euro tragen muss. Zu 100 Prozent wird die Gemeinde dagegen die mit 300.000 Euro veranschlagte Turmrestaurierung in Styrum finanzieren müssen.

Zühlke, Behr und Kirchbaumeister Volker Schrödter sind sich darin einig, dass der Beitritt der ebenfalls im Norden gelegenen Markuskirchengemeinde sinnvoll und wünschenswert ist und signalisieren die Gesprächsoffenheit der neuen Lukasgemeinde. Sozialvermarktungskonzepte, wie jetzt für das Winkhauser Gemeindezentrum am Knappenweg diskutiert, hält Schrödter in Zeiten sinkender Kirchensteuereinnahmen für eine grundsätzlich bedenkenswerte Option zur Lösung von Finanzierungsproblemen.

Die neue Lukasgemeinde: Die am 1. Januar 2011 im Mülheimer Norden gebildete evangelische Lukasgemeinde besteht aus den bisherigen Gemeinden Dümpten, Johannis und Styrum. Die neue Gemeinde hat 12?000 Mitglieder und fünf Pfarrer. Ab 2013 werden es noch vier sein. Zum Vergleich: 2005 hatten die drei alten Teilgemeinden der neuen Lukasgemeinde zusammen noch knapp 13?800 Mitglieder. Sollte die Markuskirchengemeinde zum 1. Juni beitreten, hätte die neue Nord-Gemeinde 17?000 Mitglieder und weitere drei Pfarrer aus Markus.Bis zur Wahl eines neuen Presbyteriums 2012 wird die Gemeinde von einem Bevollmächtigtenausschuss geleitet, der sich unter dem Vorsitz von Pfarrerin Gundula Zühlke aus jeweils fünf Vertretern der alten Teilgemeinden zusammensetzt und durch den Kreissynodalvorstand berufen worden ist. Die Mitglieder dieses Bevollmächtigtenausschusses wurden am 30. Januar, mit einem Gottesdienst in der Styrumer Immanuelkirche an der Kaiser-Wilhelm-Straße in ihr Amt eingeführt.

Samstag, 29. Januar 2011

Weil die Helfer Hilfe brauchen oder wie nicht nur ein Benefizkonzert der Caritas-Stiftung helfen kann



Weil mit der Zahl der Kirchenmitglieder auch die Zahl der Kirchensteuerzahler zurückgeht, bekommen auch die Sozialdienste der Caritas erheblich weniger Geld vom Bistum als noch vor Jahren. "Wir wollten nicht an die Klagemauer treten und uns statt dessen auf unsere Kreativität besinnen", erinnert sich Caritas-Vorstand Hans-Theo Horn an die Gründung der Caritas-Stiftung.

Nach einem Vorlauf von drei Jahren ging sie 2007 an den Start und hat inzwischen ein Stammkapital von 60.000 Euro angesammelt. Neben privaten Spenden und Zustiftungen flossen dem Stiftungskapital auch Erlöse aus bisher sechs Benefizkonzerten zu, die jeweils unter dem Motto: "Noten gegen die Not" Geld für die gute Sache einspielten. Das siebte Benefizkonzert geht am 30. Januar, um 17 Uhr in St. Mariae Geburt an der Althofstraße unter der musikalischen Leitung von Werner Schepp (Foto) über die Bühne.


Musikfreunde, die mit ihren 15 Euro für die Konzertkarte nicht nur Gutes hören, sondern auch Gutes tun können, erwartet ein klangvolles Programm mit weihnachtlicher Chormusik aus England und Chormusik von Johann Sebastian Bach. Musikalisch mit von der Partie sind ein Projekt- und der Jugendchor der Pfarrgemeinde St. Mariae Himmelfahrt, deren Kantor Werner Schepp uns sein Kollege Jens Christian Vogel aus St. Mariae Geburt sowie die Folkwangstudierenden Jens Hilger (Klavier) und Juliane Uthmann (Harfe).

Die Zahl der Konzertbesucher sieht Caritas-Vorstand Horn auch "als ein Barometer für die Wertschätzung für die Sozialarbeit der Caritas." Bei den sechs vorangegangenen Benefizkonzerten war die Marienkirche auf dem historischen Kirchenhügel stets gut besucht. Obwohl die Caritas-Stiftung in diesem Jahr erstmals Erträge ausschütten wird, braucht man angesichts des aktuellen Zinsniveaus keine große Phantasie zu entwickeln, um sich vorzustellen, dass mit dem gegenwärtigen Stammkapital noch keine großen Sprünge zu machen sind. Deshalb gilt bei der Caritas-Stiftung derzeit weiter das Prinzip Hoffnung, Hoffnung auf steuerlich begünstigte Spenden, Zustiftungen oder auch projektbezogene Zuwendungen.

Die ersten Erträge der Stiftung möchte ihr Vorstand Horn dem Industriecafe im Caritas-Zentrum an der Hingbergstraße zukommen lassen. Hier finden psychisch erkrankte Menschen ein tagesstrukturierendes Beschäftigungsangebot. Kommen sich Horn und seine Mitstreiter um Caritas-Direktorin Regine Arntz und Stadtdechant Michael Janßen nicht manchmal wie König Sisyphos vor, wenn sie mit ansehen, wie die Anforderungen an den katholischen Sozialverband steigen, weil die Armut zunimmt, aber die zur Verfügung stehenden Kirchensteuermittel abnehmen?


Horn beantwortet diese Frage immer wieder gerne mit seinem Lebensmotto: "Nicht das Anfangen wird belohnt, sondern das Durchhalten!" Und deshalb bleibt er auch davon überzeugt, "dass die Kirche stiften gehen muss."


Weitere Informationen zur Caritas-Stiftung bekommt man bei Hans Theo Horn unter der Rufnummer: 0208/481545, per E-Mail an: hans-theo@horn-mh.de oder im Internet unter: www.caritas-muelheim.de
Dieser Text erschien am 28. Januar 2011 im Ruhrwort: Weitere Informationen über die katholischen Wochenzeitung des Ruhrbistums finden Sie unter: www.ruhrwort.de

Freitag, 28. Januar 2011

Ein Gespräch über die Lust und die Last des Neuanfangs mit dem arbeitssuchenden Wojciech Brzeska



"Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft zu leben." So hat es der Dichter Hermann Hesse in seinem "Stufen"-Gedicht geschrieben. Doch wie steht es um den Zauber des Neuanfangs, wenn man sich, wie Wojciech Breszka wenn man sich eine neue Arbeitsstelle suchen muss, weil man seinen Arbeitsplatz verloren hat. Für die NRZ sprach ich mit Brzeska über die Lust und Last des Neuanfangens in schwerer Zeit.


Wie haben Sie den Wechsel ins neue Jahr erlebt?
Der Verlust des Arbeitsplatzes ist schon ein einschneidendes Erlebnis, vor allem wenn man diese Erfahrung gleich zweimal in kurzer Zeit machen muss und das unverschuldet und aus rein betriebsbedingten Gründen. Was mir den Abschied von meiner Arbeitsstelle etwas erträglicher gemacht hat, waren die sehr herzlichen Solidaritätsbekundungen meiner Arbeitskollegen, die mir gezeigt haben, das es nicht an mir lag und das meine Arbeit sehr geschätzt wurde. Es tut gut, wenn man in so einer schwierigen Umbruchsituation merkt, dass Menschen an einen denken und mitfühlen.

Ist es schwer, sich nach so einem Rückschlag für einen Neuanfang zu motivieren?
Ich bin ein gläubiger Christ. Und das macht mich auch in dieser Situation gelassen, weil ich weiß, dass auch mein beruflicher Lebensweg durch Gott vorbestimmt ist und ich auch jetzt nicht ins Leere fallen werde. Denn ich weiß einen starken Verbündeten an meiner Seite und kann meine Sorgen so auch an eine höhere Instanz weitergeben.
Sie erleben das Wechselbad zwischen Arbeitsplatzverlust und Arbeitsplatzsuche nicht zum ersten Mal. Gibt Ihnen das so etwas wie Routine?
Ich bin heute etwas ruhiger als beim ersten Mal. Aber von Routine würde ich nicht sprechen. Denn dafür sind Arbeitsplatzverlust und Arbeitssuche eine zu ernste Angelegenheit. Aber ich werde schon durch die Erfahrung gestärkt, dass es schon einmal in meinem Leben mit dem beruflichen Neuanfang geklappt hat. Und ich bin zuversichtlich, dass es diesmal auch wieder gut ausgeht.


Haben Sie in Ihrer Situation für das neue Jahr so etwas wie gute Vorsätze?
Ich war damals nicht passiv. Und ich werde es jetzt auch nicht sein. Mein erster Vorsatz ist es, alles daran zu setzen eine Folgestelle zu bekommen, damit meine Arbeitssuche nicht zu lang wird und ich bald wieder mit beiden Beinen im Berufsleben stehen. Außerdem möchte ich die Kontakte zu meinen ehemaligen Kollegen aufrechterhalten oder wieder auffrischen. Darüber hinaus möchte ich 2011 wieder mehr Sport machen und so etwas für meine Gesundheit tun. Ich denke da zum Beispiel ans Schwimmen und ans Fahrradfahren. Denn ich bin als Schreibtischtäter in den letzten Jahre sehr unsportlich geworden.


Im richtigen Leben muss man sich auch abstrampeln, um voranzukommen. Was gibt Ihnen neben Ihrem Glauben die Kraft dazu?
Ich bin ein optimistischer Mensch. Hinzu kommt meine Familie, die mir Kraft gibt und mir immer wieder zeigt, dass sie sich mit meiner Situation auseinandersetzt und mir vor Augen führt, dass es nicht an mir gelegen hat, dass ich jetzt wieder meinen Arbeitsplatz verloren habe.

Sie haben aber als Familienvater auch eine materielle Verantwortung. Setzt Sie das bei der Arbeitssuche unter Druck?
Ich empfinde diese Verantwortung als einen gewissen Druck, aber auch als eine Motivation beim beruflichen Neubeginn und habe die Zuversicht, dass mir meine 14-jährige Berufserfahrung helfen wird rasch einen neuen Arbeitsplatz zu finden.

Könnten Sie sich vorstellen, auch ganz neu in einem neuen Beruf anzufangen?
Warum nicht, wenn der neue Beruf meinen Vorstellungen und Werten entspräche. Ich musste mich schließlich auch in meinem bisherigen Arbeitsleben immer wieder in neue Bereiche einarbeiten. Ich sehe den Neuanfang auch als Chance.

Empfinden Sie ihre unfreiwillige Freizeit als Arbeitssuchender als Last?
Man muss die Tage bewusst strukturieren und darf die Dinge nicht auf die lange Bank schieben. Man darf nicht auf Arbeitsangebote warten, sondern muss selbst aktiv nach ihnen suchen und auf sie zugehen. Ich habe aber nicht das Gefühl, dass meine Zeit als Arbeitssuchender langsamer vergeht. Es macht manchmal auch Spaß, mehr Zeit für Dinge zu haben, die man im Haus erledigen muss und für die man während der Berufstätigkeit keine Zeit hatte.

Sie haben mit Ihrer Übersiedelung von Polen nach Deutschland schon einmal neu angefangen. Hilft Ihnen diese Erfahrung bei ihrem jetzigen Neuanfang?
Das war damals eine ganz andere Situation, weil es eine freiwillige und bewusst getroffenen Entscheidung war. Das war für meine Frau und mich kein Abenteuer und kein Sprung ins kalte Wasser.

Zur Person: Wojciech Brzeska wurde 1965 im polnischen Sosnowiec geboren und studierte nach dem Abitur in Krakau und Kattowitz Germanistik. 1988 entschloss er sich zusammen mit seiner Frau nach Westdeutschland zu übersiedeln. 1995 schloss er an der Universität Essen ein Magister-Studium der Fächer Germanistik und Theologie ab. Anschließend absolvierte er an der TÜV-Akademie des Rheinlandes in Düsseldorf eine Zusatzausbildung als PR-Journalist und war von 1996 bis 2006 für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der katholischen Stadtkirche und der Caritas zuständig. Nach der Auflösung der katholischen Presseabteilung wechselte er 2007 zur Mülheimer Sozialholding, die die städtischen Altenheime betreibt. Hier war er bis Ende 2010 als PR-Referent und als Assistent der Geschäftsführung tätig. Brzeska ist Vater einer 15-jährigen Tochter.
Dieser Text erschien am 19. Januar 2011 in der NRZ

Donnerstag, 27. Januar 2011

Das ARTelier Rudziok bietet mit einer neuen Kriminalkomödie wieder großen Spaß auf kleiner Bühne


Der Mann lässt einen Kollegen umbringen, zumindest auf dem Papier oder besser gesagt auf der Bühne. Und das ist mit Verlaub gesagt: zum Totlachen. Die Rede ist vom Autor und Maler Armin Rudziok, der nicht von, sondern für seine Kunst lebt. Der Mann verdient seinen Lebensunterhalt als Finanzbeamter und lässt in seiner ersten Kriminalkomödie "Tod eines Finanzbeamten" ausgerechnet einen Kollegen das Zeitliche segnen."Das nehme ich mir heraus. Denn ich bin ja selbst einer", scherzt Rudziok. Er fügt aber milde hinzu: "Das Mordopfer hätte auch aus jeder anderen Berufsgruppe stammen können."Kurzweilige KomödieRudziok, der aus seinem Brotberuf weiß, "dass in jeder Steuererklärung eine Lebensgeschichte steckt", hat eine kurzweilige Komödie mit vielen schrägen Charakteren und noch mehr Wortwitz geschrieben, die im ARTelier Rudziok am Heelweg 10 in Winkhausen über die Bühne gehen wird.

Unweit der Nordstraße betreibt Rudziok zusammen mit seiner Frau Martina ein kleines Zimmertheater, in dem er bereits mit mehreren szenischen Lesungen der eher düsteren und makaberen Art zu sehen war. Das komische Fach ist für ihn Neuland. Doch das hat er, wie die Generalprobe seines Stückes zeigte, mit Erfolg betreten. Seine Frau Martina, die selbst bereits einige Komödien über "die lieben Nachbarn" oder die "besten Freundinnen" für das ARTelier geschrieben hat, führt diesmal Regie und verkörpert die gar nicht so lustige, aber gerade deshalb urkomische Witwe Frau Dr. von den Gnaden. Soviel sei schon mal verraten. Die am Standesamt promovierte Frau, die Wert auf ihren Titel legt, ist dringend tatverdächtig. Denn sie hat bei ihrer Steuererklärung ein kleines Sparbuch mit zwei Millionen Euro vergessen und deshalb ein Problem mit dem Mordopfer.

"Das ist ein echter Erbsenzähler, der nur seine Akten, aber nicht die Menschen sieht. So einen Kollegen wünscht sich kein Finanzbeamter", charakterisiert Rudziok seinen fiktiven Kollegen vom Finanzamt Mülheim-Außenstadt, den er natürlich selbst spielen wird, ebenso wie den Schrotthändler Alfons Mocke, der der flotten Wirtin Jacqueline Konstanze Koslowski (gespielt von Dana Brüning) vom Café Skurril gerne seinen Schrottplatz zu Füßen legen möchte.

Mocke, dem eine Betriebsprüfung ins Haus steht, hat ebenso ein Tatmotiv, wie die Caféhausbesitzerin. Denn der sonst so pflichtbewusste Finanzbeamte war zwar täglich bei ihr Gast, hat aber immer nur anschreiben lassen. Oder geht der Beamtenmord am Ende doch auf das Konto der mannstollen Friseurin Uschi Liebhardt, wirklich knuffig verkörpert von Anica Isermann, die den Mann vom Finanzamt gar nicht so toll findet, weil er ihrer beruflichen Selbstständigkeit immer wieder bürokratische Steine in den Weg legt.Man darf gespannt sein und bis zum Schluss mitraten und mitlachen.Apropos Lachen. Haben die Kollegen eigentlich auch gelacht, als sie von Armin Rudzioks kriminell-komischen Theaterambitionen hörten. "Ja, haben sie. Und einige haben sich sogar schon für eine Aufführung angemeldet", bestätigt der Autor.Und damit tritt er den Beweis an, dass auch Finanzbeamte durchaus Spaß verstehen.

Anmeldung (aus Platzgründen immer erforderlich) und Auskunft beim ARTelier Rudziok unter der Rufnummer: 0208/444 209 48 Weitere Informationen zum Veranstaltungskalender findet man im Internet unter: http://www.artelier-rudziok.de/

Dieser Text erschien am 20. Januar in der NRZ

Montag, 17. Januar 2011

Den richtigen Ton getroffen: Die Musik im Kloster Saarn geht in ihr 25. Jahr


Was macht man mit einem Kloster, in dem längst keine Nonnen mehr beten und arbeiten? Vor dieser Frage standen die Freunde des 1214 gegründeten und 1808 aufgelösten Zisterzienserinnenklosters in Saarn, als die alte Klosteranlage vor 25 Jahren mit Geld von Stadt, Land und Bistum restauriert wurde. "Wir wollten die Klosteranlage und ihre Kirche auch außerhalb der gottesdienstlichen Liturgie für möglichst viele Bürger öffnen", erinnert sich der ehemalige Kulturdezernent Hans-Theo Horn, Bis heute engagiert er sich im Vereinsvorstand der Saarner Klosterfreunde.


Zusammen mit seinem inzwischen verstorbenen Freund Leo Werry kam er 1986 auf die Idee, Musik ins Kloster zu holen. "Das erste Konzert mit einem Kölner Ensemble, das mittelalterliche Musik spielte, war nicht gerade gut besucht", erzählt Horn von den schwierigen Anfängen. Doch der Klosterfreund und seine Mitstreiter blieben ihrem Motto treu: "Nicht das Anfangen, sondern das Durchhalten wird belohnt." Und sie wurden belohnt.


Die von der Müülheimer Sparkasse und der Leonhard-Stiftung geförderte Musik im Kloster Saarn, die jetzt mit einem Dreikönigskonzert in ihr Jubiläumsjahr gestartet ist wurde zu einem Publikumsmagneten, der nicht nur Musikfreunde aus dem ganzen Land, sondern auch bekannte Musiker aus dem In- und Ausland, wie etwa den Wiener Dom-Organisten Peter Planyavsky, seinen Pariser Kollgen Philippe Lefebvre von Nottre Dame oder den Trinity-Chor aus Cambridge anziehen.

Kirchenmusiker Werner Schepp, der das Programm der Musikreihe seit 20 Jahren als künstlerischer Leiter verantwortet, schätzt die Zahl der Konzertbesucher im Kloster auf rund 3000 pro Jahr. Sie hören im Kloster Saarn und seiner Pfarrkirche St. Mariae Himmelfahrt nicht nur Kammer- Chor- und Orgelkonzerte, sondern auch Kindermusicals. Allein das Dreikönigskonzert mit dem Ensemble Harmonie Universelle und der Mezzosopranistin Cornelia Maria Orendi begeisterte 200 Zuhörer mit Kammermusik von Telemann, Buxtehude und Hammerschmidt. "Wir sind zu einer festen Einrichtung geworden, weil wir geistige Impulse und einen verbindlichen Rahmen setzen, die zu der schönen Atmosphäre der Klosteranlage passen, die von Musikfreunden wie Musikern gleichermaßen genossen wird", beschreibt Werner Schepp die Erfolgsgeschichte der Musik im Kloster Saarn.

Weitere Informationen im Internet unter: http://www.musik-im-kloster-saarn.de/


Dieser Text erschien am 14. Januar 2010 im Ruhrwort

Dienstag, 11. Januar 2011

Wenn "Schreibtischtäter" zu "Blaumännern" werden oder: Warum RWE-Mitarbeiter freiwillig ins Altenheim gingen


In dem von der Mülheimer Sozialholding betriebenen Altenheim Auf dem Bruch konnte man sich schon vor Weihnachten über eine schöne Bescherung freuen.Dafür sorgten sieben Damen und zwei Herren aus der Markenkommunikation des Energieversorgers RWE. Die Mitarbeiter aus dem Unternehmen, das uns Stromkunden tendenziell immer mehr Geld für unseren täglichen Strom abnimmt, gaben an einem Tag vor Weihnachten wieder etwas zurück, indem sie einem alten Lagerraum im Dümptener Altenheim einen neuen Anstrich verpassten.


Mit gut 50 Litern Farbe sorgten die Büromenschen im Blaumann für eine helle und freundliche Atmosphäre im ehemals tristen Lagerraum, der künftig von den Bewohnern als Gruppenraum für gemeinsame Bastel- und andere Freizeitaktivitäten genutzt werden soll.Die RWE-Mitarbeiter brachten nicht nur ihre Arbeitskraft, Farben und Pinsel, sondern auch Geld für Bastelutensilien mit. "Wir wollten etwas Nachhaltiges machen, was bleibt und nicht mit dem Tag vorübergeht", erklärte Abteilungsleiterin Sabine Schmittwelken, warum ihre Kollegen und sie für einen Tag zum Anstreichen ins Altenheim gingen, statt gemeinsam zu bowlen oder einen Ausflug für die Bewohner zu organisieren.


"So eine gemeinsame Aktion, mit der man am Ende auch noch etwas Gutes für andere tun kann, bringt mehr als jedes Coaching-Seminar oder Teambuilding im Klettergarten, weil man die Kollegen mal in einem ganz anderen Umfeld und in einer lockeren Atmosphäre kennen lernen kann", unterstrich ihr Kollege Klaus Erle-Dörner."Sie stellen sich wirklich gut an. Der Raum sieht schon jetzt toll aus und in zwei bis drei Stunden, sind wir hier fertig", lobte Hausmeister Sigi Gutsche das handwerkliche Geschick der Gastarbeiter aus den RWE-Büros. Nicht nur für Abteilungsleiterin Schmittwelken stand angesichts der sichtbar erfolgreichen Teamarbeit fest: "Das war für uns eine Premiere, aber bestimmt nicht die letzte gemeinsame Aktion im Rahmen von Companius." Mit diesem Projekt unterstützt RWE das ehrenamtliche Engagement seiner Mitarbeiter für gemeinnützige Projekte. Allerdings sind auch Menschen als freiwillige Helfer für die gute Sache willkommen, die nicht für den Konzern tätig sind.


Dieser Text erschien am 30. Dezember 2010 in NRZ und WAZ

Samstag, 1. Januar 2011

Wie die Seniorentagesstätte der Arbeiterwohlfahrt und das Jugendzentrum eine Brücke zwischen den Generationen schlagen


Normalerweise geht in einer Seniorentagesstätte eher geruhsam zu. Doch an diesem Montag sorgen Jugendliche aus dem Jugendzentrum an der Georgstraße dafür, dass es in der Altentagesstätte der Arbeiterwohlfahrt an der Bahnstraße eher turbulent zugeht.

Die generationsübergreifende Adventsfeier, bei der sich der Nikolaus Mike Vojar vom Jugendzentrum immer wieder an seinem Bart zupfen lassen muss, dafür aber auch einen bunten Mix aus Musik, Tanz und Gesang zu sehen und zu hören bekommt, ist Teil des Projektes "Alt trifft Jung", das die Sozialpädagogin Vahide Tig vom Jugendzentrum Georgstraße und die Leiterin der Altentagesstätte an der Bahnstraße, Elke Dohmann-Jurkewiecz bereits 2009 auf den Weg gebracht haben.

"Es geht darum, dass Jugendliche und Senioren, die sonst im Alltag keine Berührungspunkte miteinander haben, sich gegenseitig kennen- und respektieren lernen", sagt Tig über das Projekt, bei dem Senioren und Jugendliche aus Stadtmitte und Eppinghofen regelmäßig miteinander sprechen, lernen, spielen, basteln, unterwegs sind oder feiern. "Solche Begegnungen, sind wie ein kleiner Samen, der langfristig wirkt und Früchte trägt," glaubt die 74-jährige Manrianne Seger. Und der 14-jährige Filipp Fischer findet es in diesem Zusammenhang"interessant, Menschen kennen zu lernen, die in ihrer Jugend etwas ganz anderes erlebt haben als ich selbst."

Awo-Mitarbeiterin Domann-Jurckiewicz, die an diesem Nachmittag in einem Engelskostüm durch das Programm führt, beschreibt die Beziehungarbeit zwischen den Generationen und Kulturen als "einen langen und schwierigen Weg, der sich aber lohnt."


Ein Text zu diesem Thema erschien am 23. Dezember 2010 in NRZ und WAZ

Ihre Wiege stand in Mülheim

  Der Mülheimer Heimatforscher Dirk von Eicken liebt Geschichte(n), die nicht jeder kennt. Eine dieser Geschichten hat er für die  Internets...