Montag, 31. Januar 2011

Kirche im Umbruch: Evangelische Gemeinden fusionieren: Zum Beispiel links der Ruhr

Gemeindefusionen können auch problemlos über die Bühne gehen. "Das ist so harmonisch abgelaufen, dass es schon unheimlich ist", sagt der Saarner Pfarrer David Rudat. Und sein Broicher Kollege Gerald Hillebrand bilanziert die Gemeindeversammlungen am Lindenhof und an der Wilhelminenstraße, bei denen am Sonntag die Fusionspläne diskutiert wurden, mit den Worten: "Es gab einige kritische Nachfragen, aber keinen Widerspruch."Vor diesem Hintergrund schritten die beiden Presbyterien noch am Sonntagabend zur Tat und beschlossen die Fusion. Die Gemeindefusion links der Ruhr kommt nicht von ungefähr. Die ersten Gespräche wurden vor zehn Jahren geführt. Seit dem existiert auch die gemeinsame Kirchenmusik Links der Ruhr, an der auch die Gemeinde Speldorf beteiligt ist. Intensiviert wurden diese Gespräche, als 2006 zwei Pfarrer in den Ruhestand gingen.

"Wir haben natürlich auch die Speldorfer gefragt und hätten sie gerne dabei gehabt. Doch dort sieht man zurzeit noch keinen Handlungsbedarf und hat uns gesagt: Macht ihr mal", erklärt Pfarrer Hillebrand, warum die Linksruhr-Gemeinde Speldorf vorerst nicht mit in dem Fusionsboot sitzt. Broich und Saarn sind auch deshalb zur Fusion bereit, weil beide Gemeinden jährlich 100 Gemeindeglieder verlieren, sie sterben oder treten aus der Kirche aus.Warum sich bei den Gemeindeversammlungen kein Widerstand gegen die Fusion regte, liegt auf der Hand. Im Grunde kann fast alles so weiter gehen wie bisher.

"Wir haben einen soliden Haushalt und sind keine armen Schlucker", sagt Hillebrand. Der Broicher Gemeindehaushalt hat ein Volumen von einer Million Euro und der von Saarn beläuft sich auf 1,5 Millionen Euro. Deshalb können in Broich und Saarn auch alle Kirchen, Gemeindezentren und Kindertagesstätten erhalten und alle Mitarbeiter weiter beschäftigt werden. Bei der Aufteilung der Pfarrbezirke und seelsorglichen Aufgaben können die Mitglieder des Pfarrerteams noch mehr als bisher schon Synergieeffekte nutzen. So war der Broicher Pfarrer Hillebrand bereits als Seelsorger für rund 400 Gemeindeglieder im Norddeutschen Viertel Saarns rund um die Schleswiger Straße zuständig.

Gerade er kann seine Aufgaben jetzt etwas entspannter angehen, war er doch nach dem Weggang seines Kollegen Klaus Rosorius seit November als Pfarrer in Broich Einzelkämpfer.Aus der zurzeit vakanten halben Jugendleiterstelle in Broich und der zeitlich befristeten halben Jugendleiterstelle in Saarn will die neue Gemeinde eine volle Jugendleiterstelle machen. Außerdem stehen in den Gemeindekindergärten am Lindenhof, an der Reich-, der Calvin- und an der Otto-Pankok-Straße Aus- und Umbauarbeiten für Betreuungsplätze von Unter-Dreijährigen auf der Agenda. Die erst im letzten Jahr eingebaute neue Orgel in der Saarner Dorfkirche und die vor zehn Jahren restaurierte Kirche an der Wilhelminenstraße sehen Rudat und Hillebrand als Pfunde, mit denen die Gemeinde wuchern kann, ohne dafür in den nächsten Jahren Geld in die Hand nehmen zu müssen.

Außerdem zahlt es sich jetzt angesichts des demografischen Wandels aus, dass die Gemeinde Broich bereits 2005 die 1965 erbaute Kirche an der Calvinstraße aufgegeben und abgerissen hatte. "Wir agieren auf gleicher Augenhöhe. Wir haben einen besseren Blick auf die Gesamtgemeinde und sparen uns viele Sitzungen und Satzungen", freut sich Hillebrand auf die Kooperation in der neuen Gemeinde, die von August bis zur Neuwahl des Presbyteriums im Frühjahr 2012 von einem paritätisch besetzten Bevollmächtigtenausschuss geleitet wird. Einen weiteren Vorteil der Fusion sieht Hillebrands Kollege Rudat darin, "dass wir unsere ehrenamtlichen Mitarbeiter in der neuen Gemeinde zeitlich nicht so fordern müssen, wie wir das tun würden, wenn jede Gemeinde für sich alleine weiterarbeiten würde."


Die neue Gemeinde Broich-Saarn wird zum 1. August gebildet. Sie wird 11?500 Gemeindeglieder haben, rund 4600 in Broich und rund 6900 in Saarn. Die Pfarrer Gerald Hillebrand (Broich), David Rudat, Thomas Jantzen, Verena Jantzen und Jürgen Krämer teilen sich 3,7 Pfarrstellen und entsprechen damit der landeskirchlichen Vorgabe, wonach auf 3000 Gemeindeglieder eine Pfarrstelle kommt. Die neue Gemeinde links der Ruhr wird knapp 50 Mitarbeiter beschäftigen sowie drei Kirchen, drei Gemeindezentren und vier Kindertagesstätten unterhalten. Die Kirchen und Gemeindezentren sind am Lindenhof, an der Holunderstraße und an der Wilhelminenstraße, die Kitas an der Calvin-, an der Otto-Pankok-und an der Reichstraße.


Dieser Beitrag erschien am 25. Januar 2011 in der NRZ

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