Dienstag, 18. September 2012

In Memoriam Horst Borgsmüller - Abschied von einem leisen Lyriker, der die kleine Form meisterhaft beherrschte

Der Tag war schön mit Sonne, Regen, Lachen. Selbst Tränen habe ich heute bei dir entdeckt. Wir haben viel gesehen von dieser bunten, lauten Welt. Wir sahen alles. Das Kind mit den Murmeln, die Taube auf einem Bein und die Katze, die wohlig in der Sonne lag. Der Tag war schön. Doch jetzt wird es noch schöner. Denn du sagst: Wir gehen heim.“ Diese Gedichtzeilen mit dem Titel „Wir gehen heim“ stammen aus der Feder Horst Borgsmüllers.


Am 11. September ist der ehemalige Hauptamtsleiter und Lyriker im Alter von 81 Jahren gestorben.

In den 80er Jahren wurde der Beamte und Poet einem größeren Publikum bekannt. Damals erschienen seine Gedichte nicht nur in kleinen Bänden mit so poetischen Titeln, wie „Ich möchte so wenig“, „Gesichter“, „Sommerwiese“ oder „Machtbäume“, sondern wurden 1000fach auf Brötchentüten, Bierdeckel, Litfasssäulen und Lesezeichen gedruckt.

Die Wiener Literaturkritikerin Brigitte Pixner schrieb damals: „Horst Borgsmüllers konzentrierte Sprache ist ein Sturmlauf gegen die laue Flachheit unserer Existenz, gegen das tägliche Achselzucken, mit dem wir uns abschirmen.“ Tatsächlich wurden seine Gedichte mit der Zeit immer kürzer, intensiver und konzentrierter.

Den Rohstoff für seine Poesie sammelte Borgsmüller am liebst als Spaziergänger in Mülheim, so lange es seine Gesundheit zuließ. Dabei sammelte er Augenblicke und Eindrücke, die er in Versen festhielt. Festgehalten hat der Beamte in seiner Dienstzeit auch alte Bürogeräte von der Schreib- bis zur Rechenmaschine, mit denen er 1977 im Rathausturm ein Büromuseum einrichtete, das jetzt aus brandschutztechnischen Gründen geschlossen werden musste.

„Ich habe mir meine Kultur bewahrt“, antwortete Borgsmüller einmal auf die Frage, warum er Gedichte schreibe. Er selbst verstand das Schreiben auch als Therapie, in dem er in seinen Gedichten Gefühle ausdrückte, um seine Ängste und Hoffnungen mit seinen Lesern zu teilen.

Ursprünglich wollte der gebürtige Mülheimer, den sein Vater in die sichere Beamtenlaufbahn gedrängt hatte, Schauspieler werden. Von 1947 bis 1949 hatte er die Schauspielschule besucht und dabei die Liebe zur Literatur entdeckt. Ab 1960 begann er dann damit Gedichte und Kurzgeschichten zu schreiben, die später nicht nur in Buchform, sondern auch in Zeitungen und Zeitschriften abgedruckt wurden. Zuletzt veröffentlichte Borgsmüller 2006 den Gedichtband „Überleben.“ Jetzt ist sein irdischer Lebensweg zu Ende gegangen. Der laufende Lyriker ist „heim gegangen.“ Seine Gedichte bleiben.

Dieser Beitrag erschien in der NRZ vom 13. September 2012

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