Mittwoch, 5. März 2014

Mit den Kindertollitäten unterwegs auf der närrischen Zielgeraden



Fünf Auftritte in knapp drei Stunden. Der Karnevalssamstag verlangt Kondition. Kinderprinz Jason, Prinzessin Janina, Harlekin Melina und ihre Adjutanten Gabi und Hermann-Josef Hüßelbeck haben sie.

Die Begeisterung, mit der sie bei den Prunksitzungen der KG Blau Weiß, der Mölmschen Houltköpp und der KG Knattsch Gek sowie beim Pfarrkarneval in Christ König und St. Mariae Rosenkranz empfangen und nicht ohne Zugabe und kleine Präsente von der Bühne gelassen werden, feuert sie an.

Zwischen den Auftritten lassen sich Jason, Janina und Melina in ihrem Prinzenmobil von Karnevalsschlagern inspirieren. Ihre Favoriten sind die Lieder des Lokalmatadors Thomas Straßmann: „Da ist der Dieter da“ und: „Ich bin so stolz, der Prinz von Mülheim zu sein.“

Außerdem schauen sie noch mal kurz in ihre Textkarten. „Wir sind ja leider schon auf der Zielgeraden, aber daran wollen wir jetzt noch nicht denken, sondern einfach mit euch feiern“, verkündet Janina II. Jason I. und Janina II. laden die über 1000 Jecken, die an diesem Abend im Altenhof, in der Stadthalle, in der Schulaula an der Bruchstraße, in der Styrumer Union und im Gemeindehaus am Steigerweg feiern, zum Rosenmontagszug ein: „Mit euch zusammen wird das sicher viel Spaß machen“, versichern sie.

Wenn man beobachtet, wie sich die Kindertollitäten auf der Bühne bewegen und sprechen und hier und da schon fast professionell ins Publikum lächeln, merkt man, dass ihre rund 150 Sessionsauftritte ihrem Selbstbewusstsein gut getan haben. Aber vor dem Auftritt bei seiner Heimatgesellschaft, den Houltköpp, räumt Jason ein, dass bei aller Freude über den Erfolg beim Publikum und der Vorfreude auf den heutigen Rosenmontag, auch ein bisschen Wehmut mit im Spiel ist. Denn am Aschermittwoch ist ja alles vorbei.

Doch die kurze Melancholie ist schnell vergessen, als ein Scherzbold aus dem Musikzug der Houltköpp kurz vor dem Einzug in den Festsaal der Stadthalle ruft: „Jetzt bitte alle Handys auf laut stellen.“ Doch gegen das mit Pauken und Trompeten gespielte „Es war einmal ein treuer Husar“ hätte wohl kein Handy-Klingelton eine Chance.

„Ich bekomme immer noch eine Gänsehaut, wenn ich in den Festsaal der Stadthalle einziehe“, sagt Adjutant und Ex-Prinz Hermann-Josef später im Wagen. Da ist der kurze Ärger mit einem Sicherheitsmann, der das Prinzenmobil nicht vor dem Stadthalleneingang parken lassen wollte, schon wieder verraucht. Auch die kleinen Säle, wie in der Schulaula an der Bruchstraße oder im Gemeindehaus von Christ König haben ihren Reiz, weil die Kindertollitäten hier mit ihren närrischen Untertanen auf Tuchfühlung gehen und diese mit ihrer Zugabe „Heidewitzka, Herr Kapitän“ fasst noch mehr von den Stühlen und Sitzbänken holen als mit ihrem eigentlichen Prinzenlied: „Von den Mölmschen Houltköpp wurden wir gesandt, gute Laune zu verbreiten im ganzen Land.“

Der größte Fan der Kindertollitäten ist an diesem Abend der Sitzungspräsident des Pfarrkarnevals in Christ König, Klaus Groth, der die Jecken nach dem Auftritt mit „Gebt mir ein Jason, gebt mir ein Janina, gebt mir ein Melina“ von ihren Biertischbänken holt. Karneval heißt schließlich nicht nur Sitzen, Schunkeln und Klatschen, sondern auch Bützen und Umarmen. Davon machen die Kindertollitäten vor ihren Auftritten reichlich Gebrauch, auch wenn ihr Adjutant mit Blick auf den engen Terminplan darum bittet, „die Begrüßungsarien nicht ausufern zu lassen.“ Und dann wirft er den Terminplan einmal fast selbst über den Haufen, weil er die CD mit den Liedern der Kindertollitäten im Auto vergessen hat.

Dieser Text erschien am 3. März 2014 in der Neuen Ruhr Zeitung

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