Montag, 30. Juni 2014

So gesehen: Lieber leer als mehr


Was wäre unser Leben ohne Rituale, die unseren Alltag strukturieren? Ohne gutes Frühstück und eine informative Zeitungslektüre käme ich nicht wirklich gut in den Tag.

Wie bei der Zeitungslektüre ist es wohl auch beim morgendlichen Gang zum Briefkasten Neugier die treibende Kraft. Mal schauen, was für mich drin ist. Ein Liebesbrief? Die Gewinnbenachrichtigung der Lottogesellschaft? Ein Angebot, das man nicht ausschlagen kann oder gar die Nachricht vom Millionenerbe eines entfernten und verblichenen Verwandten, den man bisher noch gar nicht kannte?

Doch mit dem Gang zum Briefkasten, ist es, wie mit dem Lebensweg. Mit der Zeit verliert man eine Illusion nach der anderen. Statt toller Nachrichten, die das eigene Leben verändern, bekommt man immer wieder unerbetene Werbepost, die den Briefkasten verstopft und später als Altpapier entsorgt werden muss.

Und spätestens bei der nächsten Stromrechnung oder der letzten Mieterhöhung, die einem auf den ersten Blick als harmloser Brief ins Haus flattert, möchte man sich bei der Post den Stempel „Empfänger unbekannt verzogen“ ausleihen. Man begreift: Weniger ist mehr und manchmal ist das Nichts im Briefkasten die beste Nachricht des Tages.

Dieser Text erschien am 6. Juni 2014 in der Neuen Ruhr Zeitung

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