Donnerstag, 8. Oktober 2015

Als Mülheimer die Deutsche Einheit feierten: Ein Rückblick auf den 3. Oktober 1990



"Das ist ein Tag, den ich nie vergessen werde. Das war ein unwiederholbares Erlebnis“, sagt Manfred Mons vom Jazzclub. Er meint den 3. Oktober 1990. Als Deutschland wiedervereinigt wurde, spielten seine Kollegen von der Ruhr-River-Jazzband und er auf dem Potsdamer Platz und vor dem Palast der Republik in Berlin. Tausende hörten zu. Eine befreundete Band aus der Hauptstadt hatte die Mülheimer zum Gastspiel am Tag der Einheit eingeladen.

Aber auch in Mülheim wurde die Deutsche Einheit gefeiert. In der damals noch neuen Sparkasse am Berliner Platz hörten 900 Bürger die Festreden von Oberbürgermeisterin Elenore Güllenstern und NRW-Staatssekretär Hartmut Krebs. Das Sinfonieorchester der damaligen Jugendmusikschule intonierte das Deutschlandlied und die Europahymne, Ludwig van Beethovens Ode an die Freude.

Schauspieler aus dem Theater an der Ruhr erinnerten mit einer kleinen Lesung daran, dass Deutschland auch das Land der Dichter und Denker war. Eleonore Güllenstern sprach in ihrer nachdenklichen Rede zum nationalen Feiertag auch die mit der Wiedervereinigung verbundenen Ängste vor den finanziellen und politischen Folgen der Deutschen Einheit an. Würde der deutsche Nationalismus wieder aufleben? Und wie sollten die sozialen und wirtschaftlichen Folgekosten bezahlt werden?

Die OB stellte damals fest: „Das Nationale muss dem Menschlichen untergeordnet werden. Und nach der politisch wiedervereinigten Gemeinschaft müssen wir jetzt eine menschliche Gemeinschaft schaffen. Und der Preis der Deutschen Einheit kostet doch so viel weniger, als acht Tage Krieg.“

Nach Politik und Kultur kam auch das Kulinarische an diesem ersten Geburtstag des neuen Deutschlands nicht zu kurz. Vom Wetter begünstigt feierten die Bürger bis in den Nachmittag hinein mit Suppe, Bier und Würstchen und stärkten sich so auf dem Berliner Platz für die Höhen und Tiefen des nun kommenden gesamtdeutschen Alltags. Zu diesem Alltag gehörte auch eine zeitlich befristete Anpassungs-Kooperation der Stadtverwaltungen in Mülheim an der Ruhr und Frankfurt an der Oder sowie die Erfolgsgeschichte des Thüringer Kochs Jörg Thon, der damals nach Mülheim kam und heute hier den Ratskeller und den Bürgergarten betreibt.

Dieser Text erschien am 3. Oktober 2015 in der Neuen Ruhr Zeitung

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Augen auf bei der Berufswahl

  Was soll ich werden? Bei dieser lebensentscheidenden Frage, die man sie sich vor dem Schulabschluss zwangsläufig stellen muss, bekamen etw...