"Hallo, Frau Priester. Wie viele Pflaumen dürfen es denn heute sein?“ Der
Katholik am Obst- und Gemüsestand, glaubt, nicht richtig zu hören. Hat er Bohnen
in den Ohren? Oder hat er etwas verpasst. Denn seines Wissens nach gibt es in
der römisch-katholischen Kirche weder weiblichen Priester noch dürfen Priester
Ehefrauen haben. Oder sollte über Nacht ein Wunder geschehen sein und der Papst
verkündet haben: „Frauen dürfen Priester und Priester dürfen Ehemänner
werden.“
Was so manchem konservativen Kirchenführer als Alptraum
erscheinen mag, könnte für manchen pflichtzölibatären Priester und so manche
geistlich begabte Frau zum Traum werden.
Vielleicht würde die Kirche ja
mal ein himmelblaues Wunder erleben, wenn ihre Diener und Dienerinnen Liebe,
Barmherzigkeit und Mitmenschlichkeit in allen Lebens- und Alltagsbereichen
konsequent leben könnten. Man stelle sich eine Frau Priester vor, die ihre
männlichen Amtsbrüder mit ihrem weiblichen Pragmatismus verblüffen und auf neue
Wege führen würde. Ganz zu schweigen von der Frau Priester, die ihren
geistlichen Gatten zwischen Predigt und Gottesdienst mit alltäglichen
Liebes-diensten wie Haushalt und Hausaufgabenhilfe auf den Boden der Tatsachen
holen würde. Das wäre am Ende vielleicht ja fast so etwas, wie der Himmel auf
Erden. Was wohl Frau Priester dazu sagen würde? Doch sie war schon am nächsten
Markstand, ehe ich sie hätte fragen können. Denn als Frau, die mitten im Leben
steht, weiß sie: Der Mensch lebt auch nicht vom Wort allein.
Dieser Text erschien am 12. Oktober in der Neuen Ruhr Zeitung
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