Samstag, 30. Januar 2016

Eine Rolle, die niemanden kalt lässt: Ein Gespräch mit den Hauptdarstellern des Nikolaus-Groß-Musicals

Die Hauptdarsteller des Nikolaus-Groß-Musicals
vor dem Gedenkkreuz an der Dümptener
Barbarakirche am Schildberg
Tim Timmer und Dorothee Schäfer (vorne)
sowie Jürgen Wrobbel und Verena Rützel.
„Wenn man so einen starken Glauben hat, wie Nikolaus und Elisabeth Groß ihn hatten, dann braucht man eigentlich nichts anderes mehr. Dann hat man gewonnen“, sagt Tim Timmer. Der Rechtsanwalt aus der Gemeinde St. Barbara spielt seit 18 Jahren den katholischen Arbeiterführer, Widerstandskämpfer und Familienvater Nikolaus Groß.
Wer diese Rolle spielt und sich mit der Persönlichkeit von Nikolaus Groß auseinandersetzt, der wird ein anderer, als er vorher war“, sagt der Unternehmensberater Jürgen Wrobbel. Er teilt sich die Rolle des 2001 selig gesprochenen Nikolaus Groß mit Timmer.

Auch für die Lehrerin Verena Rützel und die in der Offenen Ganztagsschule tätige Pädagogin Dorothee Schäfer, die sich die Rolle der Elisabeth Groß teilen, haben die Eheleute Groß „mit ihrer bewussten Entscheidung für den Widerstand gegen Hitler im Angesicht aller damit verbundenen Konsequenzen“ ein bis heute nachwirkendes Beispiel für Mut und Verantwortung gegeben.
Dabei sehen Rützel und Schäfer sehr wohl die „zwei Seiten einer Familiengeschichte.“ Sie können nachvollziehen, dass nicht alle der sieben Groß-Kinder Fans des Musicals sind. „Denn einige von ihnen sind der Ansicht, dass die Kirche nicht genug getan hat, um ihren am 23. Januar 1945 in Berlin-Plötzensee ermordeten Vater zu retten und so ihrer Mutter das Schicksal einer Alleinerziehenden von sieben Kindern zu ersparen.“

Umso dankbarer sind die vier Hauptdarsteller für die Unterstützung des 1934 geborenen Groß-Sohnes Bernhard. Die Gespräche mit dem Diakon Bernhard Groß haben ihnen dabei geholfen, ihre schweren und textintensiven Rollen authentisch auszufüllen. Groß hat fast alle der bisher 68 Musical-Aufführungen besucht. Mit seinen persönlichen Erinnerungen konnte er in den Gesprächen mit den Nachgeborenen deutlich machen, was der Nazi-Terror für den Alltag der Menschen im damaligen Deutschland bedeutet hat.
Ich möchte diese Entscheidung nicht getroffen haben müssen“, sagt Tim Timmer über den Weg der Eheleute Groß, der sie in den Widerstand gegen Hitler führte. Und sein Nikolaus-Groß-Kollege Jürgen Wrobbel gibt zu: „Wenn ich mich als Nikolaus Groß in der Haft von meinen Kindern verabschieden muss, muss ich schon manchmal schlucken.“

Verena Rützel und Dorothee Schäfer sind ganz besonders davon beindruckt, „dass Elisabeth Groß trotz ihrer Familienpflichten als alleinerziehende Mutter von sieben Kindern nach 1945 auch noch die Kraft gefunden hat, sich in der KAB, in der CDU und in den Entnazifizierungsausschüssen politisch zu engagieren.“
Was den Außenstehenden überrascht, ist die doppelte Besetzung der Hauptrollen und die Tatsache, dass alle Hauptdarsteller offensichtlich frei von Lampenfieber zu sein scheinen. „In der ersten Zeit haben wir ganze Nächte durchgeprobt, aber heute legt sich bei mir eine halbe Stunde vor der Aufführung der Schalter um und ich schlüpfe in die Rolle von Nikolaus Groß“, erzählt Tim Timmer. Und er fügt hinzu: „Kein Wunder, denn diese Rolle hat mich vom Abitur über das Studium bis ins Berufsleben begleitet.“

Außerdem kommt allen Hauptdarstellern zugute, dass sie bereits vor dem Nikolaus-Groß-Musical im Rahmen der kirchenmusikalischen Arbeit von St. Barbara und Heilig Geist Bühnenerfahrung sammeln konnten. „Durch dieses Musical ist unsere Gemeinde zusammengewachsen“, freut sich Jürgen Wrobbel. Er ist aber auch heilfroh darüber, dass sich je zwei Frauen und Männer die Hauptrollen von Nikolaus und Elisabeth Groß teilen. Denn keinem der ehrenamtlichen Schauspieler möchte man gleich zwei Aufführungen hintereinander zumuten. Verständlich: Denn die Hauptdarsteller müssen bei einer Aufführung rund 160 Minuten auf der Bühne stehen, sprechen und singen.

Dieser Text erschien am 16. Januar 2016 im Neuen Ruhrwort

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