Donnerstag, 11. Februar 2016

Die Gartenstadt: Im Uhlenhorst sind die Wege ins Grüne kurz und die Wege zum Einkauf weit

"Der Zusammenbrechende" heißt
dieses 1937 vom Bildhauer
Hermann Lickfeld geschaffene
Mahnmal auf dem Ehrenfriedhof
im Uhlenhorst. Hier hält der Sozialverband
Deutschlands seine Gedenkstunde zum
Volkstrauertag ab,
„Hier ist man schnell im Grünen. Das lohnt sich auch für Familien, die mit ihren Kindern durch eine garantiert autofreie Zone spazieren können“, schwärmt der mehrfache Vater und Großvater Gerhard Bennertz. Seit 27 Jahren leben seine Frau Ingrid und er an der Großenbaumer Straße und damit direkt am Uhlehorst.

Bis zur Straßenbahnhaltestelle Waldschlößchen sind es nur wenige Geh-Minuten weit. „90 Prozent meiner Erledigungen, die ich in der Stadt zu machen habe, kann ich mit der Straßenbahn erledigen“, erklärt der 75-jährige Religionspädagoge. Während des Berufsverkehrs und am Wochenende werde die Linie 102 sehr stark genutzt, während tagsüber nur wenige Fahrgäste in den Uhlenhorst kämen, berichtet er.

Das Wohnen im Grünen hat aber auch seine Nachteile. „Die nächste Einkaufsmöglichkeit für Lebensmittel und täglichen Bedarf ist etwa eineinhalb Kilometer entfernt“, erzählt er. Natürlich verbinden nicht nur Mülheimer den Uhlenhorst mit dem gleichnamigen Hockey- und Tennis-Club. Für den deutschen Hockeysport ist der 1920 gegründete HTC Uhlenhorst das, was der FC Bayern München für den deutschen Fußball ist. Nicht nur Tennis- und Hokeyplätze, sondern auch die Gaststätte im Clubhaus zieht Sportfreunde in den Uhlenhorst.

„Auch mit empfehlenswerten Restaurants sind wir hier gut ausgestattet“, sagt Bennertz mit Blick auf den Tannenhof, das Waldschlößchen oder das Forsthaus. Vor allem Schulklassen und Kindergarten gruppen seien regelmäßig der Natur-Lernwerkstatt der Kreisjägerschaft zu Gast.

Was beim Rundgang durch den Uhlenhorst auffällt, sind die zahlreichen villenähnlichen Wohnquartiere, ohne Namensschild und mit verschlossenen Einfahrtstoren. Hier wohnen offensichtlich wohlhabende Menschen, die auf Anonymität Wert legen. Das hat Tradition: Einst wohnten im und am Uhlenhorst auch Industrielle, wie Fritz Thyssen und Emil Kirdorf, die beim Aufstieg Adolf Hitlers eine verhängnisvolle Rolle gespielt haben. 1993 kam die Industriellen-Witwe Marita Grillo bei einem Brand in ihrer Villa an der Großenbaumer Straße auf tragische Weise ums Leben. Wo früher vor allem Wirtschaftskapitäne mit ihren Familien lebten, finden heute wohlhabende Bürger ihr Wohnquartier im Grünen. Dieser Wandel vollzieht sich derzeit auch auf dem Anwesen am Uhlenhorstweg 29. Wo sich der Industrielle Gerhard Küchen 1913 eine Villa errichten ließ, hatte von 1952 bis 2004 die Evangelische Akademie der Rheinischen Landeskirche ihren Sitz. Als die Akademie nach Bonn verlagert wurde, zog dort mit der Residenz Uhelnhorst ein Hotel ein. Doch inzwischen entsteht, wie an so vielen historischen Orten unserer Stadt Wohnraum der gehobenen Preisklasse.

„Der Uhlenhorst wurde vor 100 Jahren als Gartenstadt für wohlhabende Bürger angelegt. Auch damals fuhr schon einen Straßenbahn in den Uhlenhorst. An ihrer Endhaltestelle stand das heute nicht mehr existierende Restaurant Hammersteins Hof.   Ab 1940 wurden internierte Juden von den Nazis zwangsverpflichtet, Wege durch den Uhlenhorst anzulegen. Und unweit des heutigen Ehrenfriedhofes gab es auch Flugabwehrkanonen“, weiß der historisch forschende und bewanderte Wahl-Mülheimer Gerhard Bennertz. Welche Folgen deutsche Diktatur und Kriegspolitik gehabt hat, zeigen die Gräber auf dem Ehrenfriedhof im Uhlenhorst. Hier ruhen gefallene Soldaten des Ersten und Zweiten Weltkrieges, aber auch zivile Opfer des Luftkrieges. In unmittelbarer Nähe des Friedhofes waren während des Zweiten Weltkrieges auch Flugabwehrkanonen stationiert.

Dieser Text erschien am 10. Februar 2016 in der Neuen Ruhr Zeitung

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