Dienstag, 5. April 2016

Von Bach bis Bratwurst: Wolfgang Thöne

Getränkekasten und Konzertfrack hat
er gleichermaßen zur Hand:
Sänger und Gastwirt Wolfgang
Thöne vor seiner Gaststätte an
der Neustadtstraße 19 in Styrum.
Wer in Styrum unterwegs ist und nach einem gutbürgerlichen Lokal sucht, in dem er sich stärken kann, wird über kurz oder lang auf die Union und Wolfgang Thöne stoßen. „Das war hier früher mal ein Gemeindehaus“, erinnert sich der 65-jährige Styrumer, der die Gaststätte seit 16 Jahren zusammen mit seiner Frau Doris betreibt. Er selbst ist in dieser Zeit groß geworden. „Als Junge war ich Meßdiener und habe um 6 Uhr die Frühmesse in St. Mariae Rosenkranz gedient, bevor ich dann zur Schule ging,“ erzählt Thöne. Noch heute strahlen seine Augen, wenn er vom Meßdienerlohn, einem Frühstück im Pfarrhaus mit Brötchen, Wurst und Ei berichtet. „Das war für uns, wie Weihnachten und Ostern zusammen“, schaut Thöne in seine Kindheit der 50er Jahre zurück.

Auftritt bei „Wetten dass“

Dass er auf seiner Lebensreise eines Tages als Gastwirt an die Stätte seiner Kindheit zurückkehren würde, lässt ihn heute selbst schmunzeln. Thöne war Musikalienhändler und Finanzcontroller eines amerikanischen Baustoffunternehmens, ehe er wegrationalisiert wurde und als Gastwirt in der damals gerade unbewirtschafteten Union neu anfing. Doch bei allen Wechselfällen und Krisen in seinem Leben gab und gibt es einen roten Faden und eine Leitplanke, den Gesang.

Schon als Junge hatte der auf angenehme Weise unüberhörbare Bass-Bariton eine Leidenschaft für das Singen. Im Kinderchor von St. Mariae Rosenkranz fing es an. Und mit einem Gesangsstudium an der Folkwangschule ging es weiter.

Auch wenn er sich mit Blick auf das hungerleidende Beispiel so manches freischaffenden Sängers am Ende dagegen entschied, den Gesang zu seinem alleinigen Brotberuf zu machen, blieb er seiner Berufung treu. „In den 70er und 80er Jahren gab es Tage, an denen ich bis zu zwölf Auftritte hatte“, erinnert sich Thöne und fügt lakonisch hinzu: „Das könnte ich heute gar nicht mehr und das brauche ich auch nicht mehr.“

Ob Operette oder Mozart-Messe, ob Bach-Kantate oder Gospel, ob Schlager oder Volkslied, Thöne erfreut sich auch mit 65 noch einer vielseitigen und starken Stimme, die ihm in Konzerten, Messen, bei runden Geburtstagen und bei Gala-Veranstaltungen ein vielseitige Programm erlaubt. 1982 wurde Thöne bundesweit bekannt, als er in Frank Elstners Fernsehshow „Wetten dass“ auftrat und seine Wette: Ich kann tiefer singen als Ivan Rebroff“ nur um einen halben Ton verlor. Danach konnte sich der Styrumer vor Auftrittsangeboten kaum noch retten.

Auch wenn er seine Gesangsauftritte heute stark reduziert hat, „weil die Union heute für mich absolute Priorität hat“, nimmt er auch heute noch Auftrittsangebote an, die „mich reizen“. Dazu gehörte an diesem Karfreitag zum Beispiel der Jesus, den Thöne im Rahmen von Bachs Matthäus-Passion im hohen Dom zu Limburg gesungen hat.


Kein Wagner

„Zu Bach und Mozart kehre ich immer wieder zurück. Aber Wagner tue ich mir nicht an. Damit zerstört man seine Stimme“, beschreibt der singende Gastwirt, der mal mit Getränkekästen oder Fleischlieferungen und mal mit Konzertfrack und Noten unterwegs ist, seine musikalischen Vorlieben. Doch auch wenn Thöne in der Union seine Gäste bewirtet oder ihnen als Beichtvater zuhört, merkt man sofort: Als Gastwirt muss man Sohlengeld bezahlen. Außerdem sollte man auch immer telefonisch erreichbar sein. Denn die nächste Anfrage für eine Familienfeier oder für ein Konzert kommt bestimmt.

Doch immer montags überlässt der Gastwirt seinen Gasthausbetrieb seiner Frau Doris, seiner Köchin und den bis zu zwölf hilfreichen Geistern, die ihm dann in der Union den Rücken frei halten, damit Thöne junge und reife Gesangstalente unterrichten kann. „Manche träumen von einer Gesangskarriere. Andere wollen nur ihre Stimme pflegen und trainieren“, sagt Thöne über seine Schüler. Aus seiner Lebenserfahrung weiß er, „dass man sich als Sänger und als Gastwirt gleichermaßen auf Menschen und ihre Wünsche einstellen können muss“, wenn man Erfolg haben will.“



Dieser Text erschien am 2. April 2016 in der Neuen Ruhr Zeitung

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