Dienstag, 28. Februar 2017

Für die mölmschen Jecken ließ Petrus beim Rosenmontagszug die Sonne scheinen

Der Motivwagen zum Thema Ehrenamt
Das nennt man Narrenglück. Während des Rosenmontagszuges schien die Sonne. Allerdings mussten sich die rund 35.000 Jecken am und im Zug warm anziehen. Denn es wehte ein strenger Wind, der das Werfen der Kamelle nicht gerade leichter machte. Doch der Regen setzte erst nach dem Zug ein, als der Präsident des Hauptausschusses Groß-Mülheimer Karneval, Heiner Jansen und Zugleiter Ulrich Pütz mit Vertretern der 13 Karnevalsgesellschaften und Einsatzkräften von Polizei, Rotem Kreuz, Technischem Hilfswerk und der Vollmer-Gruppe im Stadthallen-Restaurant eine Bilanz des närrischen Treibens zog. Sowohl für Jansen, als auch für Pütz war es nach 17 Jahren als Präsident und Zugleiter der letzte Rosenmontagszug in ihrer Regie.
Die beste Nachricht des Tages lautete von allen Seiten: „Keine besonderen Vorkommnisse. Es ist friedlich geblieben. Nur der Einsatzleiter des Roten Kreuzes, Martin Meier, musste von zwei verletzten Personen berichten, die wegen eines umgeknickten Fußes und einer Nasen-Verletzung, die durch eine vom Zug geworfene Tafel Schokolade verursacht war, ins Krankenhaus gebracht wurden. Doch die allermeisten kleinen und großen Jecken gingen glücklich und mit prall gefüllten Taschen nach Hause. Die 1000 aktiven Zugteilnehmer, die zu Fuß oder auf 26 Wagen durch die Innenstadt defilierten warfen Bälle, Plüschtiere, Kamelle und Schokoriegel, was das Zeug hielt. Auf den Wagen waren beim Aufreißen der Kartons und dem Werfen von Kamelle und Co Kondition gefragt. Fünf Musikkapellen gaben im Zug den Rhythmus vor, bei dem man mit muss.

"Ein Traum ist wahr geworden!"


Vor allem an der Kaiserstraße und an der Leineweberstraße standen die bunt kostümierten Menschenmassen besonders dicht gedrängt und wurden für ihre unermüdlichen Helau- und Kamelle-Rufe reichlich belohnt. Der Kostümvielfalt waren vom Löwen bis zur Biene keine Grenzen gesetzt, „Wir haben nur in gut gelaunte Gesichter geschaut“, freuten sich Oberbürgermeister Ulrich Scholten und Bürgermeisterin Margarte Wietelmann nach ihrer Zugtour. Der vom Zug überwältigte Stadtprinz Klaus I. fasste seine Eindrücke in dem Satz zusammen: „Ein Traum ist wahr geworden!“

Geistlicher Beistand


Vielleicht war Petrus ja auch deshalb am Rosenmontag mit den mölmschen Jecken, weil mit Michael Manz, Michael Janßen und Michael Clemens gleich drei Pfarrer im Zug mit von der närrischen Partie waren. Sie fuhren zusammen mit Bürgermeisterin Ursula Schröder, dem Geschäftsleiter der Metro, Adam Clasen, dem in der Wasseraufbereitung tätigen Unternehmer-Ehepaar, Susanne und Arnold Beierlorzer, Iris Becker von der Rheinisch-Westfälischen Wasserwerksgesellschaft RWW, dem FDP-Kommunalpolitiker Wolf Hausmann sowie Helmut Pissarek und Jörn Backhaus vom Dümptener Autohaus Extra auf dem Wagen des Förderkreises Mülheimer Brauchtum mit.

„Es war einfach toll, die Stadt mal von oben zu sehen und in so viele begeisterte Gesichter zu blicken“, freute sich der Styrumer Pfarrer Michael Manz, der den evangelischen Gemeindebezirk rund um die Immanuel-Kirche als Seelsorger betreut. „Es war ein schönes Gefühl, viele Kinder an der Zugstrecke wieder zu sehen und ihnen etwas zuwerfen zu können, die ich zum Teil aus meiner Pfarrgemeinde kenne“ zog Manz‘ katholischer Amtsbruder Michael Janßen aus St. Mariae Geburt seine persönliches Resümee nach zweieinhalb Stunden Kamellewerfen. „Mir ist diesmal aufgefallen, dass wesentlich mehr Kinder mit Migrationshintergrund beim Rosenmontagszug waren und mit ihren Eltern gerne den Karneval annehmen und mitfeiern“, stellte Wolf Hausmann nach seinem Abstieg vom Zugwagen fest. „Das war Freude pur“, fasste Jörn Backhaus seine Zugimpressionen zusammen. Und für Pastor Michael Clemens aus der katholischen Gemeinde St. Engelbert war der Rosenmontagszug ein Erlebnis, dass ihm zeigte, „wie schön es ist, Menschen eine Freude zu machen und gemeinsam das Leben zu feiern.“

Preiswürdiger Motivwagen


Grund, sich zu freuen und zu feiern hatten nach dem Zug auch die Wagenbauer Wolfgang Durgeloh von der Mülheimer Stadtwache, Udo Bohnenkamp von der KG Blau Weiß und Jörg Schwebig von der KG Düse. Denn sie belegten bei Wagenwettbewerb des Hauptausschusses Groß-Mülheimer Karneval mit ihrem Themenwagen zum Flughafen „als Spielball zwischen Politik und Verwaltung“ den ersten Platz. Aber auch die anderen Motivwagen zur Innenstadt und zum Centrum für bürgerschaftliches Engagement waren ebenso einen Bick wert, wie die ebenfalls ausgezeichneten Gesellschaftswagen der KG Düse und der KG Blau Weiß. Darüber hinaus sorgten die diesmal mit einem Wagen fahrenden Saarner Clownsfrauen und eine mit der Mükage marschierende Tanzgruppe aus der Dominikanischen Republik für besondere Farbtupfer im Rosenmontagszug 2017. 

Dieser Text erschien am 27. Februar im Lokalkompass der Mülheimer Woche

Geburtstagsfeier mit Schlumpfine: Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und 370 Jecken zelebrieren im Altenhofdie Prunksitzung der vor 70 Jahren gegründeten Karnevalsgesellschaft Blau Weiß


Auch bei der prunksitzung nutzte Thomas Straßmann sein
Gesangstalent, um die Jecken im Altenhof zu begeistern.
Bei der KG Blau Weiß kommt die Stimmung im Saal so sicher wie das Amen in der Kirche. Das zeigte sich auch bei der 70. Prunksitzung, die die Blau Weißen um ihren auch diesmal singenden Präsidenten Thomas Straßmann am Samstagabend mit 370 kostümierten Jecken im ausverkauften Altenhof an der Kaiserstraße feierten.

Für die Stimmung im Saal, der bei jedem Karnevalsschlager als Publikumschor mit einstieg, sorgten nicht nur die tanzenden und singenden Eigengewächse der Jubiläumsgesellschaft. Auch karnevalistische Exportschlager, die aus dem Rheinland und aus Bayern in den Altenhof gekommen waren, hatten die Lacher und den Beifall der Narren auf ihrer Seite. Das galt für Bauchredner Perry Paul und seine Plüschkollegen ebenso wie für den Knallkopf Markus Krebs und die männlichen Tanzbienen aus Neunkirchen-Seelscheid. Für die Tanzbienen, die eindrucksvoll das Vorurteil der männlichen Tanzmuffelei widerlegten, zündete das Publikum kurz vor Mitternacht sogar eine Saalrakete.



Im Dickicht der zu fast 100 Prozent kostümierten Jecken fiel eine blau-weiße Schlumpf-Fraktion auf, angeführt von einem Vater Abraham, der sich bei genauerem Hinschauen als Funken-Präsident Heino Passmann entpuppte. Kaum erkennbar, weil zu gut geschminkt und mit Perücke und Schlumpfmütze verkleidet, war hingegen Blau-Weiß-Mitglied Hannelore Kraft. Als die NRW-Ministerpräsidentin vor dem Saal dann doch von einigen Jecken erkannt wurde, war sie sogleich ein begehrtes Selfie-Motiv.

Besonders euphorisch empfingen die blau-weißen Jecken die großen und kleinen Tollitäten, Da gab es nicht nur den traditionellen Klatschmarsch. Da wurde das Lied „Einmal Prinz zu sein“ bis zur letzten Strophe mitgesungen und mit Wunderkerzen Licht in den dunklen Saal gebracht.

„Für so einen Moment in einem solchen Saal mit einer solchen Stimmung wird man Prinz“, freute sich Stadtprinz Klaus I. Und die blau-weißen Eigengewächse, Kinderprinzessin Selina I. und Jannis I., bekannten: „Ihr seid eine mega-coole Karnevalsfamilie und wir sind stolz darauf, ein Teil von euch zu sein.“

Die Jubiläums-Prunksitzung der aus der Kolpingfamilie Broich-Speldorf hervorgegangenen KG Blau Weiß dauerte auch deshalb wesentlich länger, als auf dem Programmzettel ausgedruckt, weil keiner der musizierenden, tanzenden, jonglierenden und spottenden Künstler ohne ein bis zwei Zugaben von der Bühne kam.

Nicht nur die schwung- und anspruchsvolle Tanzschow des blau-weißen Kinderprinzenpaares, das auch in der kommenden Session als Tanzpaar bei der KG Blau Weiß aktiv bleiben will, zeigte, dass die 1947 gegründete Karnevalsgesellschaft getrost in die nächsten 70 Jahre gehen kann.
Dieser Text erschien am 27. Februar 2017 in der NRZ und in der WAZ

So gesehen; Närrische Farbenlehre

Horst Seehofer hätte seinen Spaß gehabt. Die sozialdemokratische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, ganz in Blau und Weiß. Man hätte sie eher bei den Roten Funken vermutet. Doch der Karneval hat eigenen Gesetze. Deshalb fühlt sich der Chef der FDP-Fraktion, Peter Beitz, bei eben jenen Roten Funken wohl, obwohl er parteipolitisch eher blau und gelb oder Magenta bevorzugt. So macht es der Karneval möglich, dass der „schwarze“ Bezirksbürgermeister Hermann-Josef Hüßelbeck von der CDU und die „rote“ Ministerpräsidentin blau-weiße Geschwister im närrischen Geiste sind, während der Liberale Beitz und sein sozialdemokratischer Ratskollege Johannes Terkatz bei den Roten Funken gemeinsame Sache machen. Ein Schlumpf, der Böses dabei denkt. Doch wie sagte jetzt Stadtprinz Klaus I. am Freitagabend in der Stadthalle: „Im Karneval und vor Gott sind alle gleich!“ Recht hat er: Denn im Karneval wie in der Politik geht es manchmal wie auf einem Narrenschiff zu, eben wie im richtigen Leben. 

Dieser Text erschien am 27. Februar 2017 in der NRZ und in der WAZ

Kirche trifft Karneval in St. Engelber und im Gemeindesaal von Herz Jesu:: Eine fromme und fröhliche Sonntagspartie


Kirchenmusikerin Birgit Höfel (links) wurde bei der
Närrischen Festmesse in St. Engelbert von Prinzessin Kerstin I. und
Prinz Klaus I. mit dem Prinzenorden ausgezeichnet. Im Hintergrund
Pastor Michael Clemens und Pfarrer Michael Manz
Dass Frohsinn und Frohe Botschaft zwei Seiten der gleichen Medaille sind, zeigte sich am vergangenen Sonntag, als die Karnevalisten in St. Engelbert ihre närrische Festmesse feierten. Anschließend lud die aus der Kolpingfamilie Broich-Speldorf hervorgegangene Karnevalsgesellschaft Blau Weiß im Gemeindesaal von Herz Jesu an der Ulmenallee zu ihrem Jubiläumsempfang. „1947 hatten die Menschen nicht viel zu lachen angesichts der Not und der harten Wiederaufbauarbeit, die geleistet werden musste. Dennoch nahmen sich die Kolpingbrüder damals ein Herz und gründeten eine Karnevalsabteilung, damit die Menschen wenigstens für einige Stunden im Karneval die Sorgen des Alltags vergessen konnten“, blickte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft auf das Gründungsjahr der zweitältesten und derzeit 250 Mitglieder zählenden Gesellschaft Mülheims.
Kraft selbst, ist, ebenso wie der Bezirksbürgermeister Hans-Josef Hüßelbeck, Mitglied und Ehrensenator der Blau Weissen. „Haben wir auch in Zukunft den Mut, Menschen in bester Narren-Manier den Spiegel vorzuhalten und dabei uns selbst und den Karneval nicht zu ernst zu nehmen“, wünschte er seine Gesellschaft zum Geburtstag und zitierte dabei den Ritter wider den tierischen Ernst, Norbert Blüm: „Wer tierisch ernst das Leben nimmt, ist eines Tages ganz bestimmt am Ende seiner Narretei und alle ziehen an ihm vorbei.“
Blau-Weiß-Präsident und Ex-Prinz Thomas Straßmann zeigte mit einem flotten Begrüßungslied: „70 Jahre und kein bisschen leise. 70 Jahre in der Narretei immer vorne dabei“, warum er als singender Prinz in die närrischen Analen der Stadtgeschichte eingegangen ist. Besonders gerne nutzte er den Jubiläumsempfang, um seinen langjährigen und verdienten Amtsvorgänger Klaus Vieten mit dem Verdienstorden der Gesellschaft auszuzeichnen
Dass auch Gott eine Karnevalist ist, steht für den Katholiken und Karnevalisten Klaus Groth, der zusammen mit Kerstin Schattke von den Mölmschen Houltköpp in dieser Session das Stadtprinzenpaar stellt, außer Frage: „Der liebe Gott hat uns lieb und er will, dass wir dort, wo er uns hin gestellt hat, fröhlich leben und arbeiten und bestimmt schaukelt er im Himmel heimlich mit“ sagte Prinz Klaus I. bei der von 350 Jecken besuchten Närrischen Festmesse in St. Engelbert. Die mit dem Prinzenorden ausgezeichnete Kirchenmusikerin Birgit Höfel bewies mit ihren Orgelvariationen zu: „Es war einmal ein treuer Husar“, „Schütt die Sorgen in ein Gläschen Wein“ und „Wir lassen den Dom in Kölle“, dass die Königin der Instrumente auch für Karnevalslieder in der Kirche bestens geeignet ist.

Für seine pointierte und perfekt gereimte närrische Kanzelrede, in der Gastgeber Pastor Michael Clemens aus Eppinghofen, Heiteres und Ernstes über Krieg und Frieden, Reichtum und Armut, Flüchtlingsarbeit und Stadtentwicklung, aber auch über den laufenden Pfarreientwicklungsprozess zu sagen wusste, wurde er mit dem Prinzenorden und mit dem Titel eines Ehrensenators des Mülheimer Karnevals belohnt. Damit konnte ihn sein evangelischer Konzelebrant, Pfarrer Michael Manz aus Styrum, als Ordensbruder begrüßen. Kritisch setzte sich Clemens auch mit der Zukunftsstrategie des Ruhrbistums und seiner Leitung auseinander, wenn er in seiner büttenreifen Predigt kritisierte, „wie ein Bistum, dem das Wasser bis zum Halse steht, seinen Gemeinden behände den Geldhahn zugedreht. Gespart wird auf Teufel komm heraus. So sieht Pfarreientwicklungsprozess wirklich aus. Das Grundproblem, ihr sollt es ruhig denken: Zu viele taten sich den Glauben schenken. Wo sonntags die Messen voll und der Glaube tut sprießen, kein Bischof traut sich Kirchen zu schließen.“

Dieser Text erschien im Neuen Ruhrwort vom 25. Januar 2017

Sonntag, 26. Februar 2017

Gelungener Start in die Tollen Tage: Gut 200 Närrinnen und Narren kamen gestern zum Rathaussturm der Möhnen. Oberbürgermeister Ulrich Scholten hatte beim Wettkampf um die Stadtschlüssel keine Chance

OB Ulrich Scholten und Prinz Klaus I. (Groth) nach ihrem Kampf
und die Stadtschlüssel. Rechts sieht man die Möhne und 
Bürgermeisterin Ursula Schröder

Wer hätte das gedacht? Oberbürgermeister Ulrich Scholten kann sehr gut tanzen. Stimmungsschlager wie „Komm, hol das Lasso raus“ oder „Schenk mir heute nacht dein ganzes Herz“ lieferten den Rhythmus, bei dem auch ein OB mit muss. „Der Hüftschwung unseres Oberbürgermeisters war schon beeindruckend“, lobte Obermöhne Elli Schott. Dennoch gaben die Möhnen Scholten beim Tanzwettkampf keine Chance. Wenn es um die Eroberung der Stadtschlüssel geht, verstehen die Tollitäten und ihr Narrenvolk keinen Spaß.

Um 11.41 Uhr war der OB seine Stadtschlüssel los. Seine Entmachtung und anschließende Dienstverpflichtung als Straßenbahnschaffner nahm Scholten gelassen. „Ich dachte, ihr Möhnen wolltet mich verwöhnen. Stattdessen seid ihr ganz keck und meine Stadtschlüssel sind weg. Jetzt muss ich arbeiten in einem neuen Revier. Ob ich das kann? Aber wenn ihr es mir zutraut, dann nix, wie ran!“ Damit er als Straßenbahnschaffner auch aufnehmen kann, wo die Fahrgäste der Schuh drückt, hängten die Möhnen Scholten einen Kummerkasten der Mülheimer Verkehrsgesellschaft um. „Die Schaffner-Uniform steht Ihnen gut. Sie könnten sofort bei der MVG anfangen“, fand Schott.

Nix wie ran ging auch die zur Möhne mutierte Bürgermeisterin Ursula Schröder, die mit ihren närrischen Hexen-Schwestern im Rücken schwungvoll durch das Bühnenprogramm auf dem Treppen-Plateau im Rathausfoyer führte.

Nicht nur die kleinen und großen Tollitäten wussten die gut 200 Närrinnen im Ratfoyer mit ihrer Tanzshow zu begeistern. Schon bevor die Karnevalsgesellschaft Wagaschei mit ihrem Kanonendonner um 11.11 Uhr den Rathaussturm eröffnet hatte, ließen sich die als Teufelsweiber, Piratinnen und Polizistinnen kostümierten Damen der Schöpfung von den auf der Rathaustreppe schunkelenden Tanzmariechen der Röhrengarde und dem blau-weißen Multitalent Thomas Straßmann und seinen Karnevalsschlagern einstimmen.

Und dann machte Stadtprinzessin Kerstin deutlich, wohin die Weiberfastnacht führen soll: „Die Männer haben nichts zu sagen. Sie brauchen wir heute nur zum Schunkeln. Wir Frauen wollen nicht arbeiten, sondern nur feiern und bützen.“

Derweil schaute Kinderprinzessin Selina schon über die Weiberfastnacht hinaus und bat das närrische Weibsvolk und sein männliches Gefolge: „Drückt uns die Daumen, damit es am Rosenmontag nicht zu stürmisch wird.

Dieser Text erschien am 24. Februar in NRZ & WAZ

So gesehen: Närrischer Nahverkehr

Eigentlich sind wir ja schon mitten drin. Aber gestern wurde ich ausgerechnet bei einer Straßenbahnfahrt nach Styrum daran erinnert, dass es jetzt ernst wird mit dem Frohsinn.

Denn ausgerechnet das Stempelgerät zur Entwertung der Fahrkarten war mit einer farbenfrohen Luftschlange geschmückt. Meine damit verbundene Hoffnung, dass die Straßenbahnen während der tollen Tage nicht im üblichen 15,- sondern im 11-Minuten-Takt (pünktlich) kommen könnten und gleichzeitig auf alle Fahrkarten des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr 11 Prozent Rabatt gegeben würde, wurde vom Straßenbahnfahrer als Karnevalsscherz abgetan.

Vielleicht können Stadtprinzessin Kerstin und Stadtprinz Klaus, die ja heute das Rathaus stürmen und die Stadtschlüssel erobern werden, etwas nachhelfen, wenn sie ab 11.11 Uhr oder etwas später (Wir sind im Nahverkehr an größere Verspätungen gewöhnt) an der Macht sein werden.

Bleibt nur zu hoffen, dass die stürmischen Wetterprognosen dem lustigsten und schönsten Nahverkehr der Welt, dem Rosenmontagszug, nicht in die Quere kommen. „Zur Not gehen wir zu Fuß“, hat Stadtprinz Klaus angekündigt. Der Mann kennt eben den närrischen Nahverkehr auch jenseits des Rosenmontagszuges.

Samstag, 25. Februar 2017

Drei Fragen an Stadtprinzssin Kerstin Schatke: Spaß ja, aber nicht auf Kosten anderer

Prinzessin Kerstin I.

Frage:  Heute führen Sie um 11.11 Uhr den Rathaussturm der Möhnen an. Was würden Sie tun, wenn Sie die Macht in Stadt und Land hätten?

Antwort: Mehr interessante Räume und Plätze schaffen, an denen sich Jugendliche treffen und ihre Freizeit gestalten können, ohne dafür Geld mitbringen zu müssen. Außerdem würde ich den Rosenmontag zum staatlichen Feiertag erklären.

Frage:  Was können Männer nicht nur im Karneval von Frauen lernen?

Antwort: Rückwärts einzuparken, auf plumpe Anmache zu verzichten und etwas diplomatischer und feinfühliger mit ihren Mitmenschen umzugehen.

Frage:  Worüber können Sie lachen und worüber nicht?

Antwort: Lachen kann ich über die Tollpatschigkeiten des Alltags. Nicht lachen kann ich über die auch auf Facebook verbreiteten Gehässigkeiten und Witze auf Kosten anderer Menschen.

Dieser Text erschien am 23. Februar 2017 in der NRZ und in der WAZ

Freitag, 24. Februar 2017

Kinderprinzen geben närrischen Einstand auf der Bühne: Bei ihrer Proklamation legen die kleinen Tollitäten eine tolle Tanzshow aufs Parkett: Rund 250 Jecken feiern mit

Die mölmschen Prinzenpaare bei der Eröffnung der
Rosenmontagstombola im Forum
„Wir haben ein Jahr lang trainiert. Das war ganz schön anstrengend, vor allem für mich, als dem einzigen Mann unter fünf Frauen“, sagt Kinderprinz Jannis. Damit hat der Zwölfjährige die Lacher und den Applaus der rund 250 Jecken im Dümptener Autohaus Extra am Sonntagnachmittag auf seiner Seite.

Dass sich das Training mit den Damen gelohnt hat, zeigen Jannis und seine Powerfrauen, allen voran Kinderprinzessin Selina (11). Zusammen mit seinen beiden Paginnen Jonelle (9) und Paulina (12) lässt das Kinderprinzenpaar mit seiner tollen und choreographisch anspruchsvollen Tanzshow alle Narrenherzen höher schlagen. Nicht nur ihre blau-weiße Fankurve ist begeistert.

„Gemeinsam werden wir die Säle rocken und den Leuten zeigen, was der Mülheimer Karneval ist und kann“, gratuliert Stadtprinz Klaus seinen jungen Regentschaftskollegen zur gelungenen Premiere.

Doch die Kindertollitäten aus der Jubiläumsgesellschaft Blau Weiß, die 2017 ihr 70-jähriges Bestehen feiert, sind nicht nur gekommen, um zu tanzen, sondern auch, um ihr närrisches Regierungsprogramm zu verkünden. Oberbürgermeister Ulrich Scholten, im närrischen Leben Ehrensenator der Röhrengarde und des Hauptausschusses Groß-Mülheimer Karneval, hört genau zu. Die Adjutantinnen Lena Straßmann und Alina Walterscheidt gehen gekonnt in die Knie. Und dann lassen die kleinen Tollitäten ihre großen Zuhörer aus dem närrischen und dem bürgerlichen Leben wissen, dass sie sich eine eigene Karnevalsveranstaltung für den närrischen Nachwuchs im Rathaus wünschen und dass der Oberbürgermeister sie durch das Rathaus führen und anschließend zu Kakao und Kuchen einladen soll. „Wir müssen den Laden schließlich kennen lernen“, erklärt Prinz Jannis das Ansinnen der Kindertollitäten, die auch eine bessere Förderung des Kinder- und Jugendkarnevals fordern und den Besuch kindertauglicher Karnevalsveranstaltungen anraten.

„Was ihr mir in mein Gebetbuch geschrieben habt, lässt sich machen“, findet der OB. Doch bei der Forderung der Kindertollitäten, „dass bis Aschermittwoch in jeder Kindertagesstätte und in jeder Grundschule täglich eine Polonaise oder ein karnevalistischer Umzug stattfinden sollen, bekommt Sitzungspräsident Heino Passmann Bauchschmerzen. „Ich kenne Lehrer. Meine Schwester ist auch Lehrerin. Die sind nicht so flexibel“, warnt er. Es wird gelacht. Offensichtlich sind keine Lehrer im Saal – oder nur solche mit Humor.


Dieser Text erschien am 9. Januar 2017 in der Neuen Ruhr Zeitung

Donnerstag, 23. Februar 2017

Von der Hermann-Göring- zur Mendener Brücke: Ein Zeitsprung

Die Mendener Brücke anno 1960 und 2017

Heute betrachten wir die Mendener Brücke und springen zurück in die frühen 60er Jahre. Ein Foto aus dem Privatarchiv des 1934 geborenen Saarners Alfons Oberdiek macht es möglich. Oberdiek  war bis zu seiner Pensionierung Mitarbeiter des städtischen Vermessungsamtes.

Auf dem historischen Foto sehen wir das Gebäude dr damaligen Stadtgärtnerei, eine Straßenabsperrung und einen Menschenauflauf an der Mendener Brücke.  „Das Foto wurde am 16. August 1960 aufgenommen“, erkennt der 1938 geborene Mülheimer Walter Neuhoff.

Damals übergaben Oberbürgermeister Heinrich Thöne und Oberstadtdirektor Bernhard Witthaus die (ab Februar 1960) für 2,6 Millionen D-Mark neu ausgebaute Brücke ihrer Bestimmung. Das Projekt, das dem zunehmenden Autoverkehr zwischen Düsseldorf, Mülheim und Essen geschuldet war, war umstritten.
Denn der Brücken-  und Fahrbahnerweiterung, mussten private Grundstücke und Wohnhäuser geopfert werden. Familien mussten umgesiedelt und Entschädigungen von insgesamt 700 000 Mark gezahlt werden.

Als der Ausbau der neuen Mendener Brücke, die 1938 noch als Hermann-Göring-Brücke eröffnet worden war, in letzter Minute am Widerstand von Anliegern zu scheitern drohte, weil ihnen die angebotene Grundstückentschädigung von 2000 Mark nicht ausreichte, machte der Industrielle Hugo Stinnes junior den Weg für den neuen Brückenschlag zwischen Saarn und Holthausen frei, in dem er 5000 Mark aus seiner eigenen Schatulle als zusätzliche Entschädigung zahlte.

Dieser Text erschien am 20. Februar 2017 in der Neuen Ruhr Zeitung

Prinzenproklamation macht Stadthalle zur Narrenhochburg 350 Jecken lassen sich von der Tanzshow und dem närrischen Regierungsprogramm der Tollitäten begeistern

Prinz Klaus, Prinzessin Kersitin,Pagin Joyce und Melissa
bei ihrem ersten offiziellen Auftritt
Stadtprinz Klaus I. (Groth) startete am Freitagabend mit Prinzessin Kerstin I. (Schatke), Hofmarschall Norbert Hütte und seinen beiden Paginnen Melissa Müller und Joyce Meißner lehrbuchreif die Sessionsreise ins Land der Narretei.

„Nach diesem tollen Auftakt können wir uns wohl auf eine ausgelassene und fröhliche Fünfte Jahreszeit freuen“, sagte Bürgermeisterin Margarete Wietelmann mit Blick auf die 200 Karnevalsauftritte der Tollitäten. Nicht nur die Bürgermeisterin konnte schon mal mitschreiben, als Prinz Klaus und Prinzessin Kerstin mit ihren elf Proklamations-Paragrafen deutlich machten, wohin die Reise bis Aschermittwoch gehen wird.

Oberbürgermeister Ulrich Scholten soll die Rathaus-Mitarbeiter schriftlich auffordern, an Weiberfastnacht kostümiert zum Rathaussturm zu erscheinen und unter der Führung der Tollitäten die längste Polonaise der Stadtgeschichte zu starten.

Alle Karnevalisten werden verpflichtet, bei der Proklamation der Kindertollitäten dem Kinderprinzenpaar im Autohaus an der Fritz-Thyssen-Straße die Ehre zu geben.

Jecken dürfen die Auftritte der Tanzgarden und Tanzmariechen nicht mehr als „Raucherpause“ missbrauchen.

Das WDL-Luftschiff Theo soll vom 2. Januar bis Aschermittwoch als Werbeträger des mölmschen Karnevals durch die Lüfte fliegen.

Der Hauptausschuss Groß-Mülheimer Karneval muss die von ihm gepflanzten Bäume weiter hegen und pflegen. Die Stadt wird aufgefordert, über einen Stopp der weiteren Hotelbauten nachzudenken und stattdessen den Bau einer für alle Vereine bezahlbaren Eventhalle auf den Weg zu bringen.

Der Hauptausschuss Groß-Mülheimer Karneval muss baustellenfreie Straßen suchen und finden, damit der Rosenmontagszug störungsfrei und bei Sonnenschein durch die Innenstadt ziehen kann.

Die Mülheimer Bundestagsabgeordneten Astrid Timmermann-Fechter und Arno Klare sollen am Rosenmontag im Bundestag ein Public-Viewing organisieren, um allen Parlamentskollegen zu zeigen, wie toll der mölmsche Karneval und sein Rosenmontagszug sind.

Am Karnevalssonntag soll auf dem Ruhrradschnellweg ein närrischer Fahrradumzug stattfinden. Und die Stadt soll einen Platz als Platz des Mülheimer Karnevals benennen, um das soziale Engagement der Karnevalisten zu würdigen.


Dieser Text erschien am 14. November 2016 in NRZ & WAZ

Mittwoch, 22. Februar 2017

Die „Lachenden Herzen“ waren auch bei ihrer 47. Neuauflage ein Publikumsmagnet

Die Prinzenpaare bei der Seniorensitzung im Theatersaal
der Stadthalle
Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Das beherzigten auch die mehr als 1000 reifen Jecken, die gestern Nachmittag den Weg zur Seniorensitzung im Theatersaal der Stadthalle gefunden hatten. Die Rentner Willi und Ernst hatten ebenso die Lacher auf ihrer Seite wie der „Komische Heilige“ aus Köln, als sie die Zipperlein des Alters auf die Schippe nahmen:

„Ich habe meinen Hausarzt gefragt, warum ich nach dem Sex immer ein Pfeifen im Ohr höre. Darauf meinte mein Arzt: Erwarten Sie etwa Beifall!“ Oder: „Schau mal Willi, die Dame in der ersten Reihe lächelt mich so interessiert an. Vielleicht betreibt die Dame einen Pflegedienst und will dich als Kunden gewinnen.“

Auch Prinz Klaus und Prinzessin Kerstin konnten herzlich über sich selbst lachen, als sie Sitzungspräsident Heino Passmann durch den Kakao zog: „Eigentlich wollten die Beiden bei ihrer Tanzshow auch noch eine Hebefigur präsentieren. Aber die Kerstin hat den Klaus nicht hoch bekommen.“ Dabei sorgten die kleinen wie die großen mölmschen Tollitäten mit ihren Tanzshows ebenso für einen echten Hingucker im Programm wie die beiden 1A-Tanzmariechen Michelle Jacobs (KG Blau Weiß) und Joline Golumski (KG Wagaschei), die mit ihrer atemberaubenden Choreographie die nicht gerade kleine Bühne des Theatersaals zu füllen verstanden.

„Dass ich hier in den vergangenen 17 Jahren immer wieder eure Lebensfreude und Begeisterung erleben durfte, hat mir selber Mut gemacht und gezeigt, dass man auch als alter Mensch gut drauf sein kann“, bedankte sich der scheidende Präsident des Hauptausschusses Groß-Mülheimer Karneval, Heiner Jansen, bei den Senioren im Saal.

Und Bürgermeisterin Margarete Wietelmann dichtete aus gegebenem Anlass: „Ich will allen sagen, die sich heute auf die Bühne wagen: Ich habe es schon oft vernommen, ein besseres Publikum als das hier im Saal kann man nicht bekommen. Das wird eine tolle Schau. Darauf sag’ ich: Dreimal Mülheim Helau!“


Dieser Text erschien am 14. Februar 2017 in der NRZ und in der WAZ  

Dienstag, 21. Februar 2017

Prinzenpaar besucht Flüchtlingskinder: Tollitäten lesen an der Holzstraße vor und laden ihre kleinen Zuhörer zum Rosenmontagszug ein

Das Prinzenpaar zu Gast bei der Vorlesestunde im Flüchtlingscamp
an det Holzstraße in Broich
Wisst Ihr, wer ich bin?“ fragt Prinz Klaus I., als er mit seiner Prinzessin Kerstin I., seiner Pagin Joyce und seinem Hofmarschall Norbert Hütte den Gemeinschaftscontainer der von den Johannitern betriebenen Flüchtlingsunterkunft an der Holzstraße betritt. 20 Flüchtlingskinder haben es sich auf Turnmatten gemütlich gemacht und schauen gespannt, auf die Tollitäten, die ihnen an diesem Nachmittag aus dem Bilderbuch über den „Maulwurf, dem ein Haufen auf den Kopf gemacht wurde“ vorlesen.

„Du bist der Karnevalsprinz“, weiß ein Junge, der offensichtlich von Kristina Dos Santos Strauß gut vorbereitet worden ist. „Wir hatten hier schon die ehemalige Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld für eine Vorlesestunde zu Gast. Warum sollen nicht auch mal Prinz und Prinzessin vorbeikommen“, sagt die Erzieherin und aktive Karnevalistin, die sich mit ihren Kollegen im Dienste der Johanniter Unfallhilfe hauptberuflich um die 67 Flüchtlingskinder kümmert, die an der Holzstraße mit ihren Eltern leben. Insgesamt haben derzeit 188 Flüchtlinge im kleinen Camp an der Holzstraße ein Zuhause auf Zeit gefunden.

Prinz Klaus, der alle Kinder zum Rosenmontagszug und zum Kinderkarneval ins Forum einlädt, macht seine Sache als Vorleser gut. In der Geschichte, in der der kleine Maulwurf nach dem Tier sucht, das ihm einen Haufen auf den Kopf gesetzt hat, lernen die Kinder ganz nebenbei, was ein Hund, ein Elefant, ein Vogel, ein Schwein oder ein Pferd ist und dass der am Ende als Übeltäter entlarvte Hund in einer Hundehütte zu Hause ist. Alle für sie neuen Worte und Begriffe sprechen sie nach. „Und wie macht ein Schwein?“ fragt Prinz Klaus mit einem Augenzwinkern. Da grunzen die Kinder vergnügt. Nur einige der Kleinen piepen. „Nein. So macht doch der Vogel“, klärt der Prinz auf und zeigt den kleinen Piepmätzen noch einmal das Bild vom Vogel.

Begeistert sind Prinzessin Kerstin und Prinz Klaus, wie schnell die Kinder aus Syrien, dem Irak, dem Iran oder Afghanistan den närrischen Schlachtruf „Uss Mölm, helau!“ drauf haben und dass sie die Tollitäten mit einem kleinen Lied: „Halli, Hallo! Schön, dass Ihr da seid. Schön, dass es euch gibt“ begrüßen. „Hier ist gleich mehr Stimmung drin, als in machen Saal“, lobt Prinzessin Kerstin die kleinen Karnevalsnovizen, die zum guten Schluss für ihren fröhlichen Eifer mit leckeren Teilchen belohnt werden.



Dieser Text erschien am 24. Januar 2017 in NRZ und WAZ

Montag, 20. Februar 2017

Traditionsgesellschaft mit Zukunft: Die familiäre Mükage wurde vor 80 Jahren aus der Taufe gehoben.Die Mülheimer Karnevalsgesellschaft hat für jede Generation etwas zu bieten

BilduntDie Mükage-Tanzgardistinnen (von links) Noelle Gatke, Nadine Begall, Michelle Krämer, Jenny Begall, Romina Weisbender und Charmaine Neumann.erschrift hinzufügen (Foto Mükage)
Die Mükage, die im Unionssaal an der Neustadtstraße ihren Kinderkarneval und ihren Närrischen Hausfrauennachmittag feiert, wurde im Februar 1937 von Willi Enaux und jecken Mitstreitern in der Saarner Gaststätte Rosendahl aus der Taufe gehoben. Damit ist sie die älteste existierende Karnevalsgesellschaft der Stadt.

Romina Weisbender (24) und Sabrina Uding (34), beide in der 30-köpfigen Tanzgarde aktiv, gehören zu den jungen Gesichtern der aktuell 120 Mitglieder zählenden Gesellschaft.

„Wir sind eine sehr familiäre Gesellschaft, die sich im Um- und Aufbruch befindet“, sagen die beiden Frauen der Ersten Großen Mülheimer Karnevalsgesellschaft.

Die Tanzgarden und die Müttergarde gehören zu den Aktivposten der Gesellschaft. „Menschen, die gerne tanzen, auf der Bühne stehen oder einfach nur gesellig mit anderen zusammen feiern und aktiv sein wollen, sind bei uns willkommen“, sagt Sabrina Uding, die zusammen mit Jennifer Begall und Nadine Ossmann den Trainerinnenstab der Gesellschaft bildet.

Bei der Mükage ist nicht alles Karneval. Auch gemeinsame Auflüge und die Teilnahme am Jugendfestival „Voll die Ruhr“ und am Weltkindertag in der Müga, stehen auf dem Programm. Darüber hinaus ist die Mükage am ersten Dezember-Wochenende in Saarn Gastgeberin eines Qualifikationsturnieres der Deutschen Meisterschaften im Karnevalstanz.

Neben dem Karnevalstanz ist man derzeit dabei, eine Tanzshow zu kreieren, mit der man auch zwischen den Sessionen, etwa bei Geburtstagen, Hochzeiten oder Betriebs- und Stadtteilfesten auftreten und etwas für die Vereinkasse tun kann.

Um die Tanzgarden fit zu machen und ganz individuell auf die persönlichen Zeitbudgets der Tänzerinnen und Tänzer eingehen zu können, bietet die Mükage jetzt fünf Trainingstage pro Woche an, die abwechselnd im Hotel Handelshof an der Friedrichstraße und in der Schulturnhalle an der Zunftmeisterstraße über die Bühne gehen. „Auch Mütter und Väter, die Spaß daran haben, können an unserem Aufwärmtraining teilnehmen“, unterstreicht Uding.

Weitere Informationen rund um die Mükage bekommt man bei Sabrina Uding unter der Rufnummer 01?57?85?5112?37 oder per E-Mail an: goldmarie21@yahoo.de sowie auf der im Umbau befindlichen Internetseite: www.muekage.de


Dieser Text erschien am 16. Februar 2017 in der Neuen Ruhr Zeitung



Sonntag, 19. Februar 2017

Der Vermittler und Türöffner: Rüdiger Simon bringt als Betriebsakquisiteur der Sozialagentur Arbeitgeber und Menschen zusammen, die nach langer Job-Pause wieder arbeiten wollen: Für beide Seiten ist das eine große Chance

Heute ist ein besonders guter Tag für Rüdiger Simon. Denn er fährt er zu einem Arbeitgeber, der eine seiner Klientinnen einstellen wird. Ihr erster Arbeitstag steht unmittelbar bevor. Der Betriebsakquisiteur der Sozialagentur vermittelt Langzeitarbeitslose ohne abgeschlossene Berufsausbildung auf den ersten Arbeitsmarkt. Eine herausfordernde Arbeit. „Ein toller Job, weil ich 100-prozentig von meiner Aufgabe überzeugt bin“, sagt der studierte Sozialwissenschaftler. Was ihn an seiner Arbeit sehr zufriedenstellt, ist die Tatsache, „dass ich die Menschen dort abholen kann, wo sie stehen. Ich brauche ihnen keine Stelle aufs Auge zu drücken, die gerade frei ist. Ich spreche stattdessen mit ihnen über ihre persönlichen Stärken, darüber, was sie gerne machen und was sie gerne machen würden, was sie sich zutrauen.“ Mit diesen Gesprächsinformationen ausgestattet, machen sich Rüdiger Simon und sein Kollege Sandrino Sabiu auf den Weg. Sie suchen Betriebe und Berufe, die zu ihren Bewerbern passen könnten.

Das tun sie nicht nur am Telefon in ihrem Büro in der sechsten Etage der Sozialagentur an der Eppinghofer Straße. Rüdiger Simon fährt mit seinem Auto kreuz und quer durch die Stadt, führt Gespräche mit Unternehmern und Geschäftsführern. Dabei findet so manches Gespräch über Persönlichkeiten, Potenziale und Anforderungen auch am Abend statt, weit außerhalb der Arbeitszeit Simons, die um 7.30 Uhr beginnt und um 16.30 Uhr endet.

„Ich gehe niemanden auf die Nerven. Ich überzeuge mit Fakten und überwinde die bei Arbeitgebern wie bei oft wenig selbstbewussten Bewerbern bestehenden Vorurteile mit dem Hinweis, dass beide Seiten nichts zu verlieren, aber viel zu gewinnen haben“, sagt der 57-Jährige.

Das Angebot von kostenlosen Probe-Praktika und die Lohnzuschüsse, die die Sozialagentur im Rahmen eines noch bis Ende August laufenden Bundesprogrammes geben kann, um Simons Kandidaten für eine zweite Chance in Arbeit zu vermitteln, sind für seine Gespräche die ersten und besten Türöffner. „Was viele Unternehmer überzeugt, unsere Bewerber, die zwischen 35 und 64 Jahren alt sind, einzustellen, ist das individuelle Coaching, mit dem wir sie beim Wiedereinstieg ins Berufsleben begleiten und unterstützen, so dass niemand mit möglichen Startschwierigkeiten alleine gelassen wird“, erzählt Simon.

Und deshalb ist der Betriebsakquisiteur auch nicht nur auf Arbeitgebertournee in der Stadt, sondern auch auf den sechs Etagen der Sozialagentur unterwegs, um mit Coaching-Mitarbeitern und Case-Managern zu besprechen, wo es in Einzelfällen hakt und wo noch nachgesteuert werden muss. Da geht es nicht nur um die Klassiker Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit, sondern auch um eigenverantwortliche Arbeitsorganisation und Kommunikationsstrategien im Umgang mit Kollegen, Kunden und Vorgesetzten, um am neuen Arbeitsplatz, trotz in der Regel hoher Motivation keinen Schiffbruch zu erleiden.

Wer die Gespräche mit anhört, die Simon im Laufe eines Tages mit Bewerbern führt, spürt, dass seine Arbeit auch seelisch belastend sein kann. „Da kommen Lebensschicksale auf den Tisch, die manchmal auch bedrückend sein können“, gibt Simon zu. „Ich höre mir jedes Detail einer Biografie an, um Bewerbern auch wirklich helfen und ihr persönliches Potenzial erfassen zu können. Aber ich ziehe innerlich auch immer eine Grenze, in dem ich mir sage: Das ist sein oder ihr und das ist mein Leben und jeder ist letztlich für sein eigenes Lebens selbst verantwortlich“, erläutert Simon seine persönliche Arbeitspsychologie.

Was ihm in seinen Gesprächen mit den vom Leben oft arg gebeutelten Bewerbern hilft, ist die eigene Berufsbiografie. Nach dem Studium arbeitete er zunächst als Einkaufsleiter einer Lebensmittelgenossenschaft, ehe er als Einrichtungsberater in die Möbelbranche wechselte. „Diese Erfahrungen haben mir gezeigt, was Arbeitgeber heute von ihren Beschäftigten an Leistungsbereitschaft und Flexibilität erwarten“, sagt Simon. Doch vor zehn Jahren wagte er einen durch Gespräche mit Studienkollegen motivierten Neustart, „weil mir in meinem Berufsleben bis dahin die Ethik zu kurz gekommen war.“ Der in seinen Jugendjahren durch die Friedens- und Umweltbewegung geprägte Sozialwissenschaftler widmete sich von nun an der sozialen Aufgabe, Langzeitarbeitslose in den ersten Arbeitsmarkt zu vermitteln, ob in Diensten einer kommunalen Sozialagentur oder einer privat-öffentlichen Beschäftigungsförderungsgesellschaft. Das tat der gebürtige Mülheimer, der heute in Speldorf zuhause ist, nicht nur in seiner Heimatstadt, sondern auch in Gelsenkirchen und im Kreis Recklinghausen. Seinen vor über zehn Jahren vollzogenen Berufswechsel, hat Simon nicht bereut, auch wenn er seit dem von einer befristeten Projekt-Stelle zur nächsten springen muss. „Davon geht die Welt nicht unter. Das ist heute normal. Das Arbeitsleben ist heute spannend und offen“, sagt Simon auch seinen Klienten immer wieder, Sie bekommen mit seiner Hilfe einen in der Regel zunächst auf zwei Jahre befristeten Arbeitsplatz, etwa als Produktionsmitarbeiter, als Hauswirtschafterin oder auch als Assistent der Geschäftsführung. 55 abgeschlossene Arbeitsverträge stehen für Simon und seinen Kollegen Sabiu für 55 schöne Arbeitstage. Aber es gibt für Simon und Sabiu natürlich auch die schlechten Arbeitstage. „Das sind Tage, an denen ich feststellen muss, dass Bewerber oder Arbeitgeber unter ihren Möglichkeiten geblieben sind und ein Arbeitsverhältnis plötzlich beendet oder trotz eines guten Praktikums erst gar nicht zustande gekommen ist.“ Das sind Tage, an denen sich Simon auf den Feierabend mit seiner Lebensgefährtin und vielleicht mit einem Konzert oder Theaterbesuch freut, um dann einfach abschalten zu können.

Die Betriebsakquisiteure der Sozialagentur, Rüdiger Simon, und Sandrino Sabiu sind für interessierte Arbeitgeber unter 0208-45559?11 oder 0208-455?5986 erreichbar.


Dieser Text erschien am 18. Februar 2017 in der Neuen Ruhr Zeitung

Freitag, 17. Februar 2017

So gesehen: Gefühlte Jahreszeiten

Gestern Mittag hatte ich ein Gefühl, wie Weihnachten. Und das aus gutem Grund. Denn nach dem Mittagessen tischte mir Mutter einen Christstollen auf. „Haben wir denn nicht schon bald Ostern?“ fragte ich verwirrt. „Deshalb, ja. Der Stollen kommt aus dem Frosterfach und muss jetzt mal weg“, klärte mich Mutter auf. Sie kommt aus der Kriegsgeneration, die aus guten Gründen keine Lebensmittel wegwerfen kann, die noch genießbar sind. Also Augen zu und rein. Und siehe da, der Christstollen aus der Kühlung hatte sich gut gehalten und vermittelte ein Geschmackserlebnis zwischen Stuten und Rosinenbrot. Viel besser kann es bei einem Osterfrühstück auch nicht schmecken. Und bei genauerem Hinschauen, könnte man im Christstollen auch ein Osterlamm erkennen. Im Leben ist eben alles eine Frage der eigenen Interpretation und Perspektive. Das musste ich auch erkennen, als ich nach dem Mittagessen, winterlich gekleidet, zu einem Stadtrundgang aufbrach und dabei einen jungen Mann sah, der in Jeans und kurzärmeligem T-Shirt vor einem Café saß, und sich dort in aller Ruhe einen frühlingshaft anmutenden Salat schmecken ließ, frei nach der Devise: „Wann der Frühling anfängt, bestimme ich immer noch selbst.“ Was mich in meiner Witterungswahrnehmung bestätigte, war seine Freundin, die, neben ihm sitzend, im Wintermantel eine warmen Tee schlürfte.

Dieser Text erschien am 17. Februar 2017 in der Neuen Ruhr Zeitung 

Donnerstag, 16. Februar 2017

So gesehen: Entspannt durchs närrische Leben

Meine Damen. Aus gegebenem Anlass komme ich heute auf meine Glosse von gestern zurück. Denn heute (siehe Stadtteil) lädt die MüKaGe in Styrum zu ihrem Närrischen Hausfrauennachmittag ein. Sie können, müssen sich aber nicht als Hausfrauen begreifen, um im Alltag manchmal närrisch zu werden, wenn Mann und Kinder selbiges bereits zu sein scheinen.

Spätestens dann empfiehlt sich eine närrische Auszeit, in der man das, was einem im Alltag den letzten Nerv raubt, mal so richtig auslachen kann. Ohne dem Programm der MüKaGe-Müttergarde vorweggreifen zu wollen, darf sich Frau darauf freuen, dass sie, wie im richtigen Leben, der einen oder anderen Witzfigur begegnen wird, die dafür sorgt, dass vor allem die männlichen Nervensägen ihr verdientes Fett wegbekommen.


Denn medizinische Studien zeigen: Lachen ist gesund, weil es Stress abbaut, das Immunsystem stärkt, den Blutdruck senkt, die Durchblutung fördert, die Muskulatur trainiert und, aufgepasst, attraktiver macht. Denn wer entspannter ist, sieht einfach besser aus. Und das gilt natürlich auch für die Herrn, die zuhause entspannen können, während ihre Frauen bei der MüKaGe Karneval feiern.

Dieser Text erschien am 15. Februar 2017 in der Neuen Ruhr Zeitung 

Mittwoch, 15. Februar 2017

Vom Jobs zum Laternenanzünder und von Edeka zum Mülheimer Wohnungsbau: Ein Zeitsprung in der Stadtmitte

Ein Blick auf den heutigen Bereich zwischen Friedrich-Ebert-Straße,
Friedrichstraße und Bachstraße
Erst vor wenigen Tagen hat NRZ-Leser Gerd Wilhelm Scholl via Internet die hier zu sehende Ansichtskarte aus dem Jahr 1963 erstanden.

„Damals war ich 19 und die Friedrichstraße mit Rücksicht auf den Autoverkehr begradigt worden. Die Wohngebäude in der Bildmitte waren noch neu und die Ladenlokale in ihrem Erdgeschoss noch nicht besetzt“, erinnert sich Scholl.

Dort, wo wir heute auf einem kleinen gepflasterten Platz den 2006 von der Mülheimer Energiedienstleistungsgesellschaft aufgestellten Laternenanzünder sehen, stand 1963 noch die Jobs-Statue, die erst 2005 auf ihren alten Platz auf einem neuen Brunnen an der Petrikirche zurückkehren sollte. Dem inzwischen nicht mehr existierenden Verein der Altstadtfreunde um Horst van Emmerich sei Dank. „Wo heute die Firmenzentrale der Mülheimer Wohnungsbaugenossenschaft MWB steht, konnte man damals bei Edeka Hardenberg Lebensmittel einkaufen. Gleich daneben befand sich Fahrrad Zenz. Und in dem Haus, in dem heute die Schuldnerberatung der Arbeiterwohlfahrt sitzt, praktizierten damals Ärzte und ein Rechtsanwalt. Die Bier-Kneipe Törchen und ein Sanitätshaus waren nicht weit“, erzählt Scholl.

Heute findet man im Übergang zwischen Friedrich- und Friedrich-Ebert-Straße unter anderem das Ladenlokal der Flüchtlingsinitiative Willkommen in Mülheim. Geht man wieder etwas weiter in Richtung Bach- und Friedrichstraße, stößt man unter anderem auf ein Elektrofachgeschäft, auf Bausparkassen, auf eine Spiel- und ein Trinkhalle sowie auf ein Spracheninstitut und einen Bestatter. 

Dieser Text erschien am 13. Februar 2017 in der Neuen Ruhr Zeitung

Dienstag, 14. Februar 2017

So gesehen; Heiliger Valentin, hilf!

Heute gibt es ja für alles einen Tag. Warum also nicht auch für die Liebe. Am heutigen Valentinstag wird des heiligen römischen Priesters Valentin gedacht, der im dritten Jahrhundert seinen Kopf verlor, weil er sich über das Verbot des römischen Kaisers hinwegsetzte und Liebespaare nach christlichem Ritus vermählte.

Das passt, zugegeben nur im übertragenen Sinn, zu der Erfahrung vieler Verliebter, die in ihrem emotionalen Ausnahmezustand den Kopf verlieren.

Manche genießen diesen Zustand als ihr persönliches Happy End. Doch so manche enttäuschte Liebe führt im Laufe der Zeit zu der bitteren Erkenntnis: „Verliebt, verlobt, verraten und verkauft.“
Schon Kurt Tucholsky spottete: „Drum wird beim Happy End meist abgeblend’!“ Und manche Ehefrau, die ihre Gatten anfangs euphorisch präsentiert: „Darf ich Ihnen meinen Mann vorstellen!“, wird in späteren Ehejahren vielleicht zu der Gesprächseröffnung neigen: „Stellen Sie sich mal vor. Das ist mein Mann!“ Doch ohne Mann und Frau als zwei Seiten der menschlichen Medaille, das ist sicher, wäre das Leben langweilig.

Dieser Text erschien am 14. Februar 2017 in der Neuen Ruhr Zeitung

Montag, 13. Februar 2017

So gesehen: Wenn Er und Sie einkaufen

Wer einkaufen geht, weiß, dass Männer und Frau unterschiedlich einkaufen. Bei ihm dürfen Bockwurst und Bierchen auf keinen Fall fehlen. Sie sorgt dafür, dass Obst und Gemüse in den Einkaufswagen kommen.

Konsensfähig und geschlechtsneutral sind Schokolade und Knabberzeug aller Art. Bei Zeiten etwas zu vernaschen, macht Männern und Frauen also gleichermaßen Freude. Das lässt hoffen, nicht nur auf einen friedlichen und stressfreien Einkauf. „Ein paar Vitamine müssen sein, mein Schatz!“, sagte die Dame vor mir, ehe sie diverses Grünzeug auf das Kassenband warf und ihrem skeptisch dreinschauenden Mann, der seine Wurstpakete schon abgeworfen hatte, einen Kuss gab.

Frauen können ja so überzeugend sein. Küssen ist bekanntlich gesundheitsfördernd und der beste Vitaminstoß für die Seele. Allerdings wissen wir Männer schon seit Adam und Eva: So manches Früchtchen schmeckt süß, hat aber einen bitteren Nachgeschmack. Und deshalb decken wir uns vorsorglich immer wieder mit deftigen und herzhaften Lebensmitteln ein.


Dieser Text erschien am 13. Februar 2017 in der Neuen Ruhr Zeitung 

Sonntag, 12. Februar 2017

So gesehen: Ein Apfel kommt selten allein

Ich bin kein Kostverächter. Man sieht es mir an. Doch an manchen Tagen frage ich mich, was ich denn heute für mein leibliches Wohl tun soll. Soll ich meiner Fleischeslust nachgeben oder mit Obst und Gemüse mein Ernährungsgewissen beruhigen?

Kein Heißhunger, der mich treibt oder ein kulinarischer Geistesblitz, der meinen Appetit anregen könnte. Da hilft nur der Küchenmeister Zufall.

Wie schön, dass ein Kollege Geburtstag hat und zur Feier des Tages selbstgebackenen Apfelkuchen mitgebracht hat. Eine Tasse Kaffee spuckt die Kaffeemaschine der Redaktion auch noch aus. Herrlich. Doch jetzt fehlt noch etwas Herzhaftes.

Doch meine Mutter überrascht mich daheim mit Apfelpfannkuchen und einer Tasse Kaffee dazu. Na, ja. Doppelt gemoppelt hält besser. Und am späten Nachmittag steht überraschend der Vater vor der Tür. „Ich wollte mal auf eine Tasse Kaffee vorbeikommen. Den Apfelkuchen habe ich gleich mitgebracht“, flötet er und ist maßlos enttäuscht, dass bei mir keine rechte Euphorie aufkommen will. „Ein Apfel am Tag ersetzt den Arzt“, hält er meiner Skepsis entgegen. Na, dann: Aller guten Dinge sind bekanntlich 3 und so ein Apfel hat ja auch Zink und Vitamin C in sich. Und das kann ja in Erkältungszeiten wie diesen nur helfen. Denke ich und werde am nächsten Tag von den ersten Anzeichen einer Erkältung überrascht. Von wegen gesunde Äpfel. Und eines trinke ich jetzt ganz bestimmt nicht, um meinen fröstelenden Körper zu wärmen. Apfeltee! 


Dieser Text erschien am 11. Februar 2017 in der Neuen Ruhr Zeitung

Samstag, 11. Februar 2017

So gesehen: Nächste Haltestelle Menschlichkeit

Auch in modernen Niederflurbahnen, die eigentlich sehr geräumig sind, kann es manchmal eng werden, wenn, wie gestern eine Frau mit Fahrrad, eine mit einem kleinen Einkaufswagen, eine mit Kinderwagen und eine mit Rollator zur gleichen Zeit durch die gleiche Schiebetür in die gleiche Straßenbahn einsteigen wollen.

Die Interessenkollision der gleichberechtigten Fahrgäste war unausweichlich. Doch nach einem ersten Anflug der Verwirrung und des Unwillens, sahen die Damen ein, dass sie so nicht weiterkamen.

Die Dame mit dem Einkaufswagen, half der Dame mit dem Rollator beim Einstieg. Währenddessen zog sich die Radfahrerin in den Mittelgang zurück. Und die Mutter mit dem Kinderwagen spurtete zur nächsten Schiebetür, die von einem mitdenkenden Herrn blockiert wurde, damit auch der Nachwuchs noch mitkam.

Wie schön, wenn man sieht, dass man gemeinsam ans Ziel kommt und der Generationenvertrag noch nicht aufgekündigt worden ist, allen Unkenrufen zum Trotz.


Dieser Text erschien am 1. Debruar 2017 in der Neuen Ruhr Zeitung

Freitag, 10. Februar 2017

So gesehen: Das weibliche Einkaufs-Gen

Es ist unser Schicksal, dass wir als Männer immer den Frauen hinterher laufen müssen. Das wurde mir jetzt wieder vor Augen geführt, als ich über die Schloßstraße meiner Wege ging. Da sah ich vor mir einen großen Mann, der einer kleinen Frau hinterher lief, sie aber kaum einholen konnte.

Die kleine Frau, es war offensichtlich seine Tochter, die ihn mit ihrer Flucht nach vorne, Sie ahnen es schon, meine Herren, in das nächstbeste Geschäft hineinlockte, in dem es vor lauter schönen und supergünstigen Dingen, die man einkaufen kann, aber nicht unbedingt einkaufen muss, nur so wimmelt.

Ich bin mir aufgrund meiner eigenen Lebenserfahrung 100-prozentig sicher, dass dieser strapazierte Vater, „bleib stehen Leonie“, eine vergleichbare Erfahrung auch schon als Ehemann gemacht hat, als er sich darauf einließ, mit seiner Ehefrau einkaufen zu gehen.

Sicher wollte Sie für ihn nur mal ein neues Jackett und für sich selbst ein neues Paar Schuhe kaufen. Und dann, Stunden später, EC-Karten sind ja so praktisch, kam er mit seiner Liebsten und mit einem Jackett, einem Paar Schuhe, einem Pullover, einer Handtasche und einer Jeans nach Hause. Er hätte sicher auch ohne die Neuanschaffungen leben können, Sie aber nicht, weil Frau so schöne Sachen, die sie so günstig auch nie wieder bekommen wird, partout nicht im Geschäft liegen lassen kann. Und weil Er nicht ohne Sie leben kann oder leben will, kauft er nicht selten auch auf seine Kosten mit ihr ein und schleppt anschließend die vollen Tüten nach Hause.

Was tut Mann nicht alles aus Liebe zu der Frau seines Herzen, die eben, anders als er ein Einkaufs-Gen hat. Und ich wette, der Vater ist nicht nur mit seiner kleinen Tochter, sondern auch mit irgendeinem schönen Ding aus besagtem Geschäft herausgekommen.

Dieser Text erschien am 6. Februar 2017 in der Neuen Ruhr Zeitung

Donnerstag, 9. Februar 2017

Als in Mülheim der erste Bus abfuhr: Ein Zeitsprung an der Schloßstraße

Rückblick auf das  Jahr 1946 im Bereich Schloßstraße, Viktoriaplatz
bzw. Synagogenplatz. Ein Foto (oben) aus dem Stadtarchiv macht es
möglich.

Mit einem Foto aus dem Stadtarchiv schauen wir auf die Schloßstraße und den Viktoriaplatz im Jahr 1946. Heute blicken wir dort auf den Synagogenplatz und den Wochenmarkt. Links sehen wir das Medienhaus und ein Geschäftshaus, das früher ein Modehaus und heute einen Optiker beherbergt. Rechts sehen wir die Ausläufer des Schloss-Centers und eines Drogeriemarktes. 1946 waren auch der damalige Viktoriaplatz und die Schloßstraße von den Zerstörungen des  2. Weltkrieges gezeichnet. Wo sich heute das Medienhaus befindet, wurde damals die im Februar 1945 durch eine Luftmine stark beschädigte Stadtsparkasse wieder instand gesetzt. Die Mitarbeiter der Stadtsparkasse hatten damals im Rathaus und in der Deutschen Bank an der Wallstraße ein Arbeitsasyl gefunden. Im November 1947 konnten sie wieder in die 1909 am Viktoriaplatz eröffnete Sparkasse zurückkehren. An der linken Ecke Schloßstraße/Viktoriaplatz hatte die Stadtbildstelle ihren Sitz.

Die Schloßstraße war eine Hauptverkehrsstraße, auf der ab März 1946 auch die erste Buslinie der städtischen Betriebe zwischen dem heutigen Hauptbahnhof an der Eppinghofer Straße, der Stadtmitte, Saarn und Selbeck pendelte. Die Fahrt kostete 50 Pfennige. Ein Schaffner sorgte dafür, dass niemand  schwarzfuhr. Im August 1946 wurde eine zweite Buslinie eröffnet, die die Stadtmitte mit der Heimaterde verband. Wenig später wurden beide Buslinien aber wieder verknüpft und um einen Ast in die Oemberg-Siedlung erweitert.  Um 1950 kamen zwei weitere Buslinien zwischen Speldorf und Dümpten sowie zwischen dem Dichterviertel und dem Kettwiger Markt hinzu.

Dieser Text erschien am 6. Februar 2017 in der Neuen Ruhr Zeitung


Dienstag, 7. Februar 2017

Frohsinn trifft Frohe Botschaft: Eindrücke von der Karnevalsmesse in St. Engelbert und vom Geburtstagsfest der KG Blau Weiß im Gemeindehaus von Herz Jesu

Hannelore Kraft und Thomas Straßmann beim Jubiläumsempfang
der KG Blau Weiß (oben) und die mölmschen Tollitäten Kerstin und Klaus, ihre
Gladbecker Amtskollegen Claudia und Jörg, dem Mülheimer
Adjutanten Markus Uferkamp und dem Pastor von St. Engelbert
Michael Clemens 

Dass Frohsinn und Frohe Botschaft zwei Seiten der gleichen Medaille sind, zeigte sich am 22. Januar, als die Karnevalisten in St. Engelbert ihre närrische Festmesse feierten. Anschließend lud die aus der Kolpingfamilie Broich-Speldorf hervorgegangene  Karnevalsgesellschaft Blau Weiß im Gemeindesaal von Herz Jesu an der Ulmenallee zu ihrem Jubiläumsempfang. „1947 hatten die Menschen nicht viel zu lachen angesichts der Not und der harten Wiederaufbauarbeit, die geleistet werden musste. Dennoch nahmen sich die Kolpingbrüder damals ein Herz und gründeten eine Karnevalsabteilung, damit die Menschen wenigstens für einige Stunden im Karneval die Sorgen des Alltags vergessen konnten“, blickte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft auf das Gründungsjahr der zweitältesten und derzeit 250 Mitglieder zählenden Gesellschaft Mülheims.
Kraft selbst, ist, ebenso wie der Bezirksbürgermeister Hans-Josef Hüßelbeck, Mitglied und Ehrensenator der Blau Weissen. „Haben wir auch in Zukunft den Mut, Menschen in bester Narren-Manier den Spiegel vorzuhalten und dabei uns selbst und den Karneval nicht zu ernst zu nehmen“, wünschte er seine Gesellschaft zum Geburtstag und zitierte dabei den Ritter wider den tierischen Ernst, Norbert Blüm: „Wer tierisch ernst das Leben nimmt, ist eines Tages ganz bestimmt am Ende seiner Narretei und alle ziehen an ihm vorbei.“

Blau-Weiß-Präsident und Ex-Prinz Thomas Straßmann zeigte mit einem flotten Begrüßungslied: „70 Jahre und kein bisschen leise. 70 Jahre in der Narretei immer vorne dabei“, warum er als singender Prinz in die närrischen Analen der Stadtgeschichte eingegangen ist. Besonders gerne nutzte er den Jubiläumsempfang, um seinen langjährigen und verdienten Amtsvorgänger Klaus Vieten mit dem Verdienstorden der Gesellschaft auszuzeichnen

Dass auch Gott eine Karnevalist ist, steht für den Katholiken und Karnevalisten Klaus Groth, der zusammen mit Kerstin Schattke von den Mölmschen Houltköpp in dieser Session das Stadtprinzenpaar stellt, außer Frage: „Der liebe Gott hat uns lieb und er will, dass wir dort, wo er uns hin gestellt hat, fröhlich leben und arbeiten und bestimmt schaukelt er im Himmel heimlich mit“ sagte Prinz Klaus I. bei der von 350 Jecken besuchten Närrischen Festmesse in St. Engelbert. Die mit dem Prinzenorden ausgezeichnete  Kirchenmusikerin Birgit Höfel bewies mit ihren Orgelvariationen zu: „Es war einmal ein treuer Husar“, „Schütt die Sorgen in ein Gläschen Wein“ und „Wir lassen den Dom in Kölle“, dass die Königin der Instrumente auch für Karnevalslieder in der Kirche bestens geeignet ist.

Für seine pointierte und perfekt gereimte närrische Kanzelrede, in der Gastgeber Pastor Michael Clemens aus Eppinghofen, Heiteres und Ernstes über Krieg und Frieden, Reichtum und Armut, Flüchtlingsarbeit und Stadtentwicklung, aber auch über den laufenden Pfarreientwicklungsprozess zu sagen wusste, wurde er mit dem Prinzenorden und mit dem Titel eines Ehrensenators des Mülheimer Karnevals belohnt. Damit konnte ihn sein evangelischer Konzelebrant, Pfarrer Michael Manz aus Styrum, als Ordensbruder begrüßen. Kritisch setzte sich Clemens auch mit der Zukunftsstrategie des Ruhrbistums und seiner Leitung auseinander, wenn er in seiner büttenreifen Predigt kritisierte, „wie ein Bistum, dem das Wasser bis zum Halse steht, seinen Gemeinden behände den Geldhahn zugedreht. Gespart wird auf Teufel komm heraus. So sieht Pfarreientwicklungsprozess wirklich aus. Das Grundproblem, ihr sollt es ruhig denken: Zu viele taten sich den Glauben schenken. Wo sonntags die Messen voll und der Glaube tut sprießen, kein Bischof traut sich Kirchen zu schließen.“

Dieser Text erschien am 25. Januar 2017 im Neuen Ruhrwort

Montag, 6. Februar 2017

Der Steuermann des Hafens: Dieter Schulten (54) sorgt als Leiter des städtischen Hafenbetriebes dafür, dass dort auf der Straße, auf der Schiene und auf dem Wasser alles glatt geht

Hafenleiter Dieter Schulten (links) und der Geschäftsführer der
städtischen Betriebe Joachim Exner
Dieter Schulten wollte als kleiner Junge kein Lokomotivführer werden. Aber das Organisieren und die Technik haben ihn immer schon interessiert. Deshalb ist der heute 54-jährige Vater von zwei erwachsenen Töchtern als Hafenleiter und Leiter des dortigen Eisenbahnbetriebs genau am richtigen Platz. 

Über seine Arbeit, die er um 6.45 Uhr beginnt und irgendwann am frühen Abend beendet, sagt Schulten: „Ich sitze hier nicht nur an meinem Schreibtisch, um mit Kunden zu telefonieren, Materialbestellungen zu organisieren, unsere Dienstpläne zu stricken oder Abrechnungen zu erledigen, sondern ich bin auch regelmäßig auf dem 220 Hektar großen Hafengelände unterwegs. Meistens mit dem Auto, aber auch zu Fuß, und wenn ich Glück habe und eine unserer zwei Lokomotiven vorbeikommt, werde ich ein Stück des Weges auf der Schiene mit genommen.“

Er selbst hat keinen Lokführerschein, kennt sich aber mit Lok- und Gleistechnik aus, und ist sich als gelernter Betriebsschlosser im Schadensfall auch nicht zu schade, selbst mit Hand anzulegen. Auch für die Sicherheitsschulungen der Rangierer — Helm auf — und der Lokomotivführer, die während der Fahrt den Kopf aus dem Führerhaus stecken, denn der Gegenverkehr kommt öfter als man denkt, ist der Hafen- und Eisenbahnbetriebsleiter verantwortlich.

Heute schaut er in den Werkstätten der Hafenbetriebe vorbei. Dort wird ein neuer Ponton für den neuen Schiffsanleger in Mintard gebaut. Auch die Friedrich-Freye liegt derzeit nicht am Wasserbahnhof vor Anker, sondern - entkernt - auf dem Trockendock der Werkstatt, wo sie einen völlig neuen Innenraum, inklusive Bordküche, erhält. Als der 50 Tonnen schwere Schiffskoloss mit einem wassertauglichen Spezialwaggon der Hafenbahn aus der Ruhr in die Werkstatt gezogen werden musste, war Schulten vor Ort dafür verantwortlich, dass das 60 Jahre alte Schiff an den richtigen Stellen auf dem Waggon auflag und montiert war, um nicht abzurutschen. Verantwortung pur.

„Wir machen heute hier fast alles selbst, egal, ob die Schiffe der Weißen Flotte, eine Hafenbahnlokomotive oder ein Gleisbruch repariert werden muss. Das spart Geld“, erzählt Schulten.

Als er 1985, nach Bundeswehr und Ingenieursstudienjahren als Disponent und Hafenmeister zu den Betrieben kam, „waren wir noch doppelt so viele Kollegen wie heute“. Heute trägt der Hafen- und Eisenbahnbetriebsleiter der städtischen Betriebe Personalverantwortung für vier Disponenten in der Leitstelle, für drei Lokomotivführer, sechs Werkstatt-Mitarbeiter und zehn Rangierer. „Wir haben in unserer Mannschaft einen breiten Berufsmix - vom Schlosser und Elektrotechniker bis zum Bäcker. In den Sommermonaten sind einige Kollegen dann auch noch als Schiffsführer der Weißen Flotte auf der Ruhr unterwegs.

Unterwegs ist Schulten an diesem Tag auch, um in einigen der 16 Betriebe vorzusprechen, die an das 27 Kilometer lange Gleisnetz der Hafenbahn angeschlossen sind. Mal geht es um die jüngsten Prüfungsprotokolle des Eisenbahnbundesamtes, das beim Gleisanschluss eines Betriebsgeländes die Aufstellung eines neuen Prellbocks angemahnt hat. Dann dreht sich alles um eine anstehende Lieferung oder an einem anderen Standort um die Überwachung einer Güter-Entladung.

„Hier werden jährlich rund vier Millionen Tonnen angeliefert“, berichtet Schulten. Die zwölf Güterwaggons der Hafenbahn, die eine Leihgabe der Deutschen Bahn sind, haben ein Fassungsvermögen von jeweils 62 Tonnen. Geliefert werden riesige und tonnenschwere Halb- und Fertigprodukte aus Eisen und Stahl, Recyclinggüter, Wertstoffe, Schrott, Altpapier und Getreide. „Die Güter sind in der Regel so groß und schwer, dass sie über das Wasser und die Schiene viel einfacher und kostengünstiger, als auf der Straße transportiert werden können“, erklärt Schulten.

Obwohl die Hafenbahn an drei ampeltechnisch oder mit einem Wachposten abgesicherten Stellen den Straßenverkehr im Speldorfer Gewerbehafen kreuzt – Schulten klopft auf Holz – ist es dort bisher nur zu Blech,- aber noch nie zu Personenschäden gekommen. „Einmal wurde ich zu einem Schienenübergang gerufen, weil dort ein Autofahrer gegen eine stehende Lok gefahren war. Als ich dort ankam, fragte mich der Autofahrer: ,Was machst du denn hier?’ Und ich antwortete ihm: ,Das wollte ich dich gerade fragen.’ Denn der Unglücksrabe war ausgerechnet ein Schulfreund“, erinnert sich Schulten an eine berufliche Begegnung der besonderen Art.


Und wenn Dieter Schulten mal nicht im Mülheimer Hafen unterwegs ist, dann findet man ihn vielleicht in seinem Garten, in seiner Küche oder beim Angeln in einer Flusslandschaft. Denn das ist für ihn Entspannung pur, weil dann garantiert kein Handy klingelt.


Dieser Text erschien am 4. Februar 2017 in der Neuen Ruhr Zeitung 

Sonntag, 5. Februar 2017

Der Karneval bleibt auf Kurs: In der Mitte seiner letzten präsidialen Session zieht Chefkarnevalist Heiner Jansen Bilanz und äußert sich auch über das Profil seines Nachfolgers

Heiner Jansen beim Prinzenempfang 2017
"Es wird nicht leichter. Aber wenn der Mülheimer Karneval die Qualität halten kann, die er jetzt erreicht hat, bin ich zufrieden“, sagt Heiner Jansen in seiner 17. Session als Präsident des Hauptausschusses Groß-Mülheimer Karneval. Ein Gespräch.

Frage: Ist der Karneval in Mülheim gut verankert?

Antwort: 1700 aktive Karnevalisten und 80 Ehrensenatoren aus allen gesellschaftlichen und beruflichen Bereichen sprechen dafür. Im Vergleich mit den anderen Städten des Ruhrgebietes liegt der Mülheimer Karneval bei der Zahl seiner Ehrensenatoren an der Spitze. Das ist wichtig, damit Geld in die Kasse kommt, Türen geöffnet und neue Ideen entwickelt werden.

Antwort: Die ehemalige Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld hat nicht umsonst gesagt, dass niemand in unserer Stadt so gut vernetzt ist, wie der Mülheimer Karneval. Auch die erfreuliche Existenz einer jetzt ökumenischen närrischen Festmesse und die Tatsache. dass Stadtdechant Michael Janßen und Pfarrer Michael Manz auf dem Rosenmontagszug mitfahren, sehe ich als ein erfreuliches Zeichen für die Ökumene und für die Akzeptanz des Karnevals.

Frage: Ist der Mülheimer Karneval jenseits der starken Tanzgarden nicht eher schwach aufgestellt?

Antwort: Nein. Wir haben in einigen Gesellschaften bereits den Generationswechsel vollzogen. Dort sind junge und aktive Vorstände am Werk, die sich eine Menge einfallen lassen und sehr aktiv sind. Auch beim Jugendnachwuchs und den Besucherzahlen unserer Veranstaltungen stehen wir im Moment gut da.

Frage: Warum macht es für Unternehmer Sinn, sich im Mülheimer Karneval zu engagieren?

Antwort: Der Hauptausschuss und die 13 Karnevalsgesellschaften sind nicht zu unterschätzende Werbepartner. Der Umsatz des Mülheimer Karnevals ist mit dem eines kleinen mittelständischen Unternehmens zu vergleichen. Er liegt immerhin in einem kleineren sechsstelligen Bereich. Und Karnevalisten sind ja auch Käufer. Außerdem ziehen wir mit unserem Rosenmontagszug mindestens 35.000 Leute in die Stadt. Und ich fände es schön, wenn mein Nachfolger wieder ein Unternehmer wäre, der kommunikativ und in der Stadt gut vernetzt ist, damit wir die Zahl unserer Ehrensenatoren halten und ausbauen können.

Frage: Muss man in Zeiten des Terrors mit einem mulmigen Gefühl zum Rosenmontagszug gehen?

Antwort: Es ist natürlich schade, dass wir uns heute mit Blick auf den Rosenmontagszug über mobile Sicherheitsbarrieren Gedanken machen müssen. Aber wir sind in Mülheim sicherheitstechnisch gut aufgestellt, weil wir hier eine gut funktionierende Kooperation haben. Und deshalb wird die Polizei jetzt auch mit dem Mölmschen Narr ausgezeichnet. Wenn wir den Rosenmontagszug wegen der Terrorgefahr absagen würden, hätten die Terroristen ihr Ziel erreicht.

Frage: Aber der Wagenbau bleibt eine Baustelle?

Antwort: Ja, das stimmt. Aber wir haben derzeit 35 Leute, die sich um den Wagenbau kümmern. Ich gebe zu, dass sind mehrheitlich eher ältere Leute und es müssen natürlich auch Leute sein, die handwerklich geschickt sind. Aber wir haben eine Wagenbauhalle, um die wir beneidet werden und wir haben auch den einen oder anderen jungen Wagenbauer. Wir werden bei diesem Rosenmontagszug immerhin zwei tolle Motivwagen haben.


Dieser Text erschien am 4. Februar 2017 in der NRZ und in der WAZ

Samstag, 4. Februar 2017

Der ewige Kampf um Gerechtigkeit: Dr. Axel Smend erzählt, wie es war, als Sohn eines Widerstandskämpfers aufzuwachsen, und ermutigt Gymnasiasten, Verantwortung zu übernehmen

Dr. Axel Smend
Die Fakten um den 1944 von den Nazis ermordeten Widerstandskämpfer Günther Smend, der 1932 sein Abitur an der heutigen Otto-Pankok-Schule gemacht hat, sind bekannt seit ein Stolperstein vor seinem letzten Mülheimer Wohnsitz im Luisental 11 an ihn erinnert und der Arbeitskreis Stolpersteine seine Biografie erforscht hat.

Und doch hat es eine ganz neue, weil persönliche Dimension für die 250 Schüler, Lehrer und Eltern des Otto-Pankok-Gymnasiums, wenn Günther Smends Sohn Axel ihnen am 84. Jahrestag der Machtübernahme Hitlers vom Schicksal seines Vaters und seiner Familie berichtet. Dr. Axel Smend hielt einen bewegenden Vortrag.

Die 17- und 18-jährigen Zuhörer sind ihrem ehemaligen Mitschüler ganz nahe, wenn der 72-jährige Smend aus der Abiturrede zitiert, die sein Vater am 27. Februar 1932 gehalten hat: „Ich schließe nicht mit einem Hoch. Denn mit Pathos ist niemandem geholfen. Wir können uns nur durch die Tat dankbar erweisen. Doch wir können keine Tat versprechen, aber wir können tapfer sein!“

Zwölf Jahre nach diesen Worten musste der Generalstabsoffizier und dreifache Familienvater seinen Mut zum Widerstand gegen Hitler mit dem Leben bezahlen. „Ich war damals erst vier Monate alt und meine Mutter fütterte mich gerade, als sie die Nachricht von der Hinrichtung meines Vaters bekam“, erzählt Smend, der heute als Rechtsanwalt in Berlin lebt und arbeitet. Bis heute, so Smend, sei es seinen 1940 und 1941 geborenen Geschwistern Henriette und Rudolf ein Rätsel, „wie unsere Mutter uns durchgebracht hat“.

Smend berichtet von seiner Kindheit und Jugend in den frühen Fünfzigerjahren, als sein Vater in den Augen vieler Deutscher kein Held, sondern ein Verräter war. „Es ist ja kein Wunder, dass der Sohn eines Verräters in der Schule versagt“, musste sich die Mutter 1954 vom Klassenlehrer anhören, als Axel Smend schlechte Noten hatte.

Vortrag von Dr. Axel Smend zum Thema Widerstand im Nationalsozialismus, in der Aula des Otto Pankok Gymnasiums zu Mülheim an der Von Bockstr. am Montag, den 30. Januar 2017. Foto : Heinrich Jung / FUNKE Foto Services
Foto: Heinrich Jung

Erst Jahre später bekam seine Mutter, die nach dem Tod ihres Mannes Wohnung und Vermögen verloren hatte, die ihr zustehende Witwen- und Waisenrente. Und Sohn Axel, der sich heute in der Stiftung 20. Juli 1944 engagiert, besuchte zum ersten Mal die Hinrichtungsstätte seines am 8. September 1944 in Berlin-Plötzensee ermordeten Vaters. „Wer einmal in diesem kalten Raum unter dem Stahlträger mit den fünf Fleischerhaken gestanden hat, an denen mein Vater und seine Gefährten aufgehängt wurden, wird dieses Gefühl nie vergessen“, sagt Axel Smend. Und er zitiert eine Zeile, die sein Vater als 31-jähriger Todeskandidat in der Gefängniszelle mit Bleistift in einen theologisch-philosophischen Gedichtband „Gedanken sind Kraft“ notiert hat: „Ich habe einen gerechten Kampf gekämpft. Ich habe meinen Weg vollendet. Und ich habe den Glauben gehalten.“

Und so hat Axel Smend nicht nur traurige Geschichten zu erzählen, wenn er zum Beispiel über das 1947 gegründete Hilfswerk 20. Juli 1944 berichtet, das den viel zu lange gesellschaftlich ausgegrenzten Hinterbliebenen der Widerstandskämpfer um Claus von Stauffenberg und Henning von Treskow seelischen und materiellen Beistand leistete und heute als Stiftung 20. Juli 1944 die Erinnerung an die todesmutigen Männer und Frauen lebendig erhält. Er berichtet aber auch dankbar von amerikanischen und britischen Care-Paketen, die den Smends und anderen Familien aus dem Widerstand nach 1945 das Überleben ebenso erleichterte wie ein dreimonatiger Ferienaufenthalt im Berner Oberland, der vom Schweizer Arzt Albrecht von Erlach finanziert wurde.

Am Ende seiner Rede ermutigt Smend die jungen Zuhörer zu Mut und Verantwortung in einer Zeit, „in der es an extremistischen Verführern nicht fehlt“, indem er den 1943 von den Nazis ermordeten Widerstandskämpfer Hans Scholl zitiert: „Nicht wir müssen etwas tun, sondern ich muss etwas tun.“


Günther Smend lebte mit seiner Familie von 1924 bis 1932 in Mülheim, wo er das staatliche Gymnasium (das heutige Otto-Pankok-Gymnasium) besuchte und 1932 mit dem Abitur. Smend schlug nach dem Abitur die Offizierslaufbahn ein und stieg bis zum Generalstabsoffizier auf. In dieser Funktion kam der dreifache Familienvater 1943 in Berlin mit dem militärischen Widerstand um Claus Schenk Graf von Stauffenberg in Kontakt. Vergeblich versuchte er seinen vorgesetzten General Kurt von Zeitzler davon zu überzeugen, sich dem militärischen Widerstand anzuschließen. Nach dem gescheiterten Attentat auf Hitler wurde Smend am 1. August in Berlin verhaftet und vom Volksgerichtshof unter dem Vorsitz Roland Freislers zum Tode verurteilt und am 8. September 1944, im Alter von 31 Jahren in der Hinrichtungsstätte in Berlin-Plötzensee gehämgt 

Dieser Text erschien am 4. Februar 2017 in NRZ/WAZ

Freitag, 3. Februar 2017

Als Dümpten noch eine eigenständige Landbürgermeisterei war: Ein Zeitsprung an der Mellinghofer Straße

Anders, als das gegenüberliegende Rathaus überdauerte das
alte Bürgermeisterei an der Mellinghofer Straße die Landbürgermeisterei
Da, wo der Knüfen auf die Mellinghofer Straße stößt und heute eine Gaststätte und ein Wohnhaus stehen, stand Anfang des 20. Jahrhunderts das Rathaus, in dem Paul Beuther die von 1904 bis 1910 eigenständige Landbürgermeisterei Dümpten regierte.

Das Rathaus, das wir hier auf einer historischen Fotografie aus dem Stadtarchiv sehen, ist nicht zu verwechseln mit dem 1908 fertig gestellten Bürgermeisteramt, das  gegenüber an der Mellinghofer Straße/Ecke Paul-Beuther-Straße steht. Dort sind heute Außenstellen des Jugendamtes, der Polizei, der städtischen Seniorenberatung und  des Kommunalen Sozialen Dienstes untergebracht.

Zwischen 1998 und Ende 2015  beherbergte das alte Bürgermeisteramt auch eine ehrenamtlich betreute Bürgerbegegnungsstätte, die mangels Nachwuchs leider geschlossen werden musste. Erst kürzlich hat der Vorsitzende des aufgelösten Trägervereins, Horst Schiffmann, wie berichtet, das Rest des Vereinsvermögens (3700 Euro) satzungsgemäß an die Stadt und den Seniorenclub Dümpten übergeben.

Während das auf dem alten Foto noch zu sehende Rathaus der damals 12 000 Einwohner zählenden Landbürgermeisterei, nach der Eingemeindung als Gasthaus genutzt und später abgerissen wurde, zeugen das alte Bürgermeisteramt an der Mellinghofer Straße 275 und das ehemalige kaiserliche Postamt an der Mellinghofer Straße 261 noch von den Jahren der Dümptener Selbstständigkeit, in der sich die Dümptener dort, „wie in einem Königreich“ gefühlt haben sollen. Bis heute nennen die Dümptener ihren Stadtteil denn auch liebevoll „Königreich“! 

Dieser Text erschien am 30. Januar 2017 in der Neuen Ruhr Zeitung

Mittwoch, 1. Februar 2017

Karnevalsfest im Fliednerdorf begeistert: Auch nach 25 Jahren ist der Spaß noch so groß wie beim ersten Mal: Mehrere Gesellschaften mit von der närrischen Partie

Mit dem Umzug durchs Dorf begann die große Party.
Im Fliedner-Rathaus wimmelte es nur so von Cowboys, Star-Wars-Kriegern und Clowns. „Ihr seid wirklich ein tolles Publikum“, schwärmt Stadtprinzessin Kerstin Schattke, nachdem sie mit ihren Tollitäten-Kollegen eine Tanzshow aufs Bühnenparkett gelegt hat.

Nicht nur die kleinen und großen Tollitäten begeistern die wunderschön kostümierten Bewohner des Fliednerdorfes. Auch die Musiker der Mölmschen Houltköpp und die Tanzgardistinnen der Röhrengarde bekommen für ihren närrischen Einsatz auf, vor und hinter der Bühne im karnevalistisch geschmückten Rathaussaal den Holz-Orden des Fliednerdorfes. „Die Bewohner haben die Holzorden in Form einer silber-blauen Krake innerhalb des letzten Monats hergestellt“, berichtet der Wohnbereichsleiter des Fliednerdorfes, Friedhelm Thissen. Mit seinen Kollegen Angela Eichmüller und Andreas Hesse schiebt er an diesem „Karnevalssonntag“ im Thekendienst und schenkt kräftig alkoholfreie Erfrischungsgetränke aus. Derweil tänzeln Betreuerinnen des Fliednerdorfes mit prall gefüllten Berliner-Ballen-Tabletts durch die wogende Menge. „So ein Tag, so wunderschön wie heute“ und „Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben“, schmettert der singende Ex-Prinz Thomas Straßmann.

Eine bereits 25 Jahre anhaltende Liebe, nämlich die zwischen den Bewohnern des Fliednerdorfes und den Karnevalisten der Röhrengarde Silber-Blau, macht den stimmungsgeladenen Dorf-Karneval möglich, bei dem alle aus sich heraus gehen und schlicht das Leben feiern.

Dass auch befreundete Gesellschaften, wie die Houltköpp, die KG Düse oder Blau Weiß regelmäßig mit von der närrischen Partie sind, zeigt die Strahlkraft dieser besonderen Karnevalsveranstaltung. „Die Karnevalisten der Röhrengarde laden unsere Bewohner jedes Jahr zu ihrem Volkstümlichen Karnevalsfest in der Realschule Stadtmitte ein und sind auch außerhalb der Fünften Jahreszeit immer wieder für uns da“, freut sich Friedhelm Thissen.


Dieser Text erschien am 30. Januar 2016 in NRZ & WAZ

Ihre Wiege stand in Mülheim

  Der Mülheimer Heimatforscher Dirk von Eicken liebt Geschichte(n), die nicht jeder kennt. Eine dieser Geschichten hat er für die  Internets...