Samstag, 7. April 2018

Wo die Mieter heute der Schuh drückt Mieterschutz-Anwalt Harald Bartnik sieht einen Wandel des Wohungsmarktes zugunsten der Vermieter

Harald Bartnik an seinem Arbeitsplatz
100 Jahre nach der Gründung des ersten Mülheimer Mieterschutzvereins, fragen wir den Geschäftsführer des an der Schloßstraße 26 ansässigen Mieterschutzbundes, Rechtsanwalt Harald Bartnik, welche mietrechtlichen Probleme er heute für seine aktuell 8000 Vereinsmitglieder zu bearbeiten hat.

Wo drückt ihre Mitglieder der Schuh?
Bartnik: Der Klassiker sind die Nebenkostenabrechnungen für Strom, Wasser und Heizung. Hinzu kommen Feuchtigkeitsschäden, die vor allem dadurch entstehen, dass Hauseingentümer ihre in den 50er, 60er und 70er Jahren errichteten Häuser energetisch nicht modernisieren können oder nicht modernisieren wollen. Aber auch ungerechtfertigte Mieterhöhungen jenseits der Grenzen des örtlichen Mietspiegels und Wohnungskündigungen wegen vermeintlichen Eigenbedarfs sorgen regelmäßig für Ärger.

Haben wir derzeit einen Mieter- oder einen Vermietermarkt?
Bartnik: Das kippt gerade. Bisher hatten wir viele leerstehende Wohnungen. Da konnten Mieter Druck machen und mit ihren Vermietern verhandeln. Das ist jetzt vor allem durch den Zuzug von Flüchtlingen und Zuwanderern vorbei. Wer jetzt eine neue und vor allem bezahlbare Wohnung mit einer Miete von 5 bis 6 Euro pro Quadratmter sucht, hat es schwer. Wir brauchen wieder mehr öffentllich geförderten Wohnraum.

Werden die Mieten steigen?
Bartnik: Davon muss man ausgehen. Langfristig könnte auch in Mülheim die Mietpreisbremse eine Rolle spielen, die bisher nur in Metropolen, wie Köln, Düsseldorf, München oder Berlin von Bedeutung ist.

Muss man jede Mieterhöhung akzeptieren?
Bartnik: Nein. Man hat zwei Monate Zeit, um sich beraten zu lassen, ehe man der Mieterhöhung schriftlich zustimmt oder gegen sie klagt. Leider unterschreiben vor allem ältere Leute viel zu schnell, weil sie zu Unrecht glauben, dass sie gekündigt werden können, wenn sie der Mieterhöhung nicht sofort zustimmen. Dabei kann der Vermieter einen Mieter nur auf seine Zustimmung zur Mieterhöhung verklagen, ihn deshalb aber nicht kündigen.

Wann müssen Mieter mit einer Wohnungskündigung rechnen?
Bartnik: Nur dann, wenn sie mit einer Mietzahlung mehr als zwei Monate im Rückstand sind und diese nicht ausgleichen können. Deshalb raten wir Mietern, die zum Beispiel wegen eines Heizungsausfalls oder eines defekten Aufzugs ihre Miete mindern immer dazu, höchstens 20 bis 30 Prozent der Miete zu mindern, nie aber eine ganze  Monatsmiete einzubehalten. Leider geistern im Internet abenteuerliche Mietminderungsquoten herum, die die Mieter in die Irre führen.

Welche Vermieter machen Ihnen die meiste Arbeit?
Bartnik: Das sind zum Beipsiel Immobilienfonds, die ihre Häuser von Hausverwaltungsfirmen managen lassen und nur Geld verdienen wollen, aber keine Reparaturen durchführen und oft auch für uns kaum erreichbar sind, weil sie viele Immobilien, aber wenig ansprechbares Personal haben. Leider gibt es auch private Hauseigentümer, die unter der Missachtung des Mülheimer Mietspiegels, des Quadratmeterpreise, je nach Lage, zwischen 5,37 Euro und 7,88 Euro schwanken, Mieterhöhungen durchdrücken wollen. Hinzu kommen private Vermieter, die Häuser auf Pump kaufen und dann kein Geld haben, um den Abschlag für Wasser, Strom und Heizung zu bezahlen, so dass Mieter in Vorkasse treten müssen, um nicht ohne Wasser, Strom und Heizung dazustehen.

Was können Mieter machen, wenn Vermieter notwendige Reparaturen nicht leisten?
Bartnik: Sie können diese schriftlich anmahnen und Fristen setzen, in denen die Reperaturen zu erfolgen haben. Üblich sind Zwei-Wochen-Fristen. Das hängt vom Umfan der zu leistenden Arbeiten ab. Reagiert der Vermieter nicht, kann man eine zweite 14-tages-Frist setzen, nach deren Vertreichen man dann in Aussicht stellt, die Schäden auf eigene Kosten zu beheben und die selbst getragenen Kosten mit der Miete zu verrechnen oder sie notfalls auch beim Vermieter einzuklagen.

INFO: Der an der Schloßstraße 26 ansässige Mieterschutzbund ist unter der Rufnummer: 0208-37 74 9 30 erreichbar.
Die Mitgliedschaft im Mieterschutzbund kostet 80 Euro pro Jahr. Die Mitglieder werden in ihren Belangen außergerichtlich beraten und im Ernstfall auch auf Klagen vorbereitet. Die anwaltliche Vertretung vor Gericht muss ein niedergelassener Rechtsanwalt übernehmen.
Im Falle eines Rechtsstreites genießen Mitglieder, die dem Mieterschutzbund mindestens drei Monate lang angehören, Rechtsschutz.
Seine Bürozeiten hat der Mieterschutzbund montags bis mittwochs von 9 bis 13 Uhr sowie von 14 bis 17 Uhr. Donnerstags öffnet er sein Büro von 9 bis 13 Uhr und von 14 bis 19 Uhr. Freitags ist sein Büro von 9 bis 13 Uhr erreichbar.
Informationen findet man auch im Internet unter: www.mieterschutzbund.net

Dieser Text erschien am 6. April 2018 in der Neuen Ruhr Zeitung

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